Das duale Studium: seit 50 Jahren auf Erfolgskurs
Prof. Dr. Martina Klärle, Präsidentin der Dualen Hochschule Baden-Württemberg im Gespräch mit der TREND REPORT- Redaktion über 50 Jahre Innovationskraft und über die Vorteile des dualen Studiums.
Frau Prof. Klärle, wie hat sich das duale Studium bei der DHBW seit Gründung entwickelt?
Die Erfolgsgeschichte der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) begann vor 50 Jahren, als sie 1974 als Berufsakademie Baden-Württemberg ins Leben gerufen wurde. Am 1. März 2009 wurde sie zur bundesweit größten Transferhochschule überführt: Die DHBW. Das war ein extrem mutiger Schritt und passt perfekt zu Baden-Württemberg, einem Land, das eine ganz eigene Hochschulform entwickelt hat. Viele Bundesländer und Staaten haben versucht, dieses Modell zu kopieren, aber niemand hat es so gut hinbekommen wie das Original. Die DHBW hat sich rasant weiterentwickelt und ist heute mit etwa 32.000 Studierenden und 800 Professuren die größte Hochschule Baden-Württembergs. Man könnte es auch so ausdrücken: mit unseren jährlich 10.000 Absolvent:innen sind wir die Exzellenzhochschule in der Fachkräfteentwicklung.
Welchen Beitrag und Mehrwert konnte die DHBW in diesen vielen Jahren für den Standort Deutschland leisten?
Die DHBW hat durch ihr einzigartiges praxisintegrierendes Studienmodell, das 50 % Theorie und 50 % Praxis kombiniert, erheblichen Mehrwert für den Standort Deutschland geschaffen. Unternehmen haben die Möglichkeit, Nachwuchskräfte auf Hochschulniveau und maßgeschneidert auf ihre eigenen Anforderungen zu qualifizieren. Mit einer Übernahmequote von über 90% fungiert die DHBW als Jobmotor für den akademischen Nachwuchs und hilft, den Fachkräftemangel zu bekämpfen. Über 220.000 Alumni der DHBW sind heute in Unternehmen tätig und tragen maßgeblich zur Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands bei.
Welche Veranstaltungen stehen im aktuellen Jubiläumsjahr noch an?
Das Jubiläumsjahr der DHBW ist reich an spannenden Veranstaltungen. Im Moment bin ich noch ganz begeistert von unserem Empfang auf der Hannover Messe an dem unser Ministerpräsident eine flammende Rede über den Erfolg der DHBW und des dualen Studiums gehalten hat. An allen unseren Standorten findet ein individuelles Event statt, wie z.B. in Lörrach mit dem Leitthema Nachhaltigkeit. Am 3. und 4. Juli 2024 findet der DHBW Forschungstag 2024 unter dem Motto „Bridging the Gap – Innovationstransfer für Studium und Praxis“ statt.
Am 11. Juli 2024 laden wir zum AI Transfer Congress ein, einem internationalen Kongress zur Anwendung von Künstlicher Intelligenz. Ein besonderes Highlight ist das 4. landesweite Alumni-Treffen am 10. August 2024, das in der beeindruckenden Arena des VfB Stuttgart stattfinden wird. Dies bietet eine fantastische Gelegenheit, den Bezug zur Fußball-Europameisterschaft und ein Gefühl von Gemeinschaft und sportlichem Geist zu schaffen.
Darüber hinaus findet am 18. September 2024 in Friedrichshafen das Diversity Bar Camp statt, das sich mit Themen rund um Vielfalt und Inklusion beschäftigt. Abschließend freuen wir uns auf den Hochschulpolitischen Abend am 6. November 2024, bei dem das Thema „Duales Studium: Das Erfolgsmodell für ein wirtschaftlich starkes Europa“ im Mittelpunkt, bei dem Vertreter aus Politik und Wirtschaft zusammenkommen, um über die Zukunft des dualen Studiums zu diskutieren. Diese Veranstaltungen bieten zahlreiche Gelegenheiten zum Austausch und zur Vernetzung. Wir schließen das Jubiläumsjahr mit einem Neujahrsempfang im Januar 2025 ab.
Welche Projekte lagen und liegen Ihnen besonders am Herzen und welche Highlights möchten Sie hervorheben?
Eine besonders wichtige Errungenschaft ist, dass wir 2023 von der EU zur European University geadelt wurden. In einer Allianz mit acht weiteren dualen Hochschulen von Finnland bis Malta, von Spanien und Frankreich bis Österreich, Ungarn, Kroatien und Polen zeigen wir innerhalb der EU die Qualität des dualen Studiums und setzten Standards. Ein wichtiger Schritt, das duale Studium außeräuropäisch für unsere Wirtschaft sichtbar zu machen. EU4Dual ist unter den ca. 50 Hochschulallianzen in der EU die einzige duale Allianz. Dies unterstreicht unsere Vorreiterrolle in Europa und ermöglicht es uns, duale Studiengänge auf internationaler Ebene zu etablieren.
Ein weiterer strategisch wichtiger Schritt ist, die DHBW weiter gemeinsam mit ihren 9000 dualen Partnern als weltweit größte Transferhochschule für die großen Transformationsaufgaben in Politik, Gesellschaft und Wirtschaft als strategische Partnerin zu etablieren. Derzeit bauen wir die Forschung und Weiterbildung im Sinne der Dualität und Regionalität aus und haben uns auf den Weg gemacht einen Antrag für eine duale Promotion zu erarbeiten. Ein Herzensthema für mich ist unsere Nachhaltigkeitsstrategie, die in der letzten Sitzung des Senats befürwortet wurde. Nun werden wir in allen Studiengängen die 17 Nachhaltigkeitsziele der EU etablieren und unsere Studierenden zu Botschaftern der Nachhaltigkeit entwickeln.
Welche Ziele stehen für die DHBW in Zukunft noch auf der Agenda?
Die DHBW hat sich ambitionierte Ziele gesetzt. In erster Linie möchten wir weiterhin die Qualität unserer Studiengänge und die Zufriedenheit unserer Studierenden und Partnerunternehmen auf höchstem Niveau halten. Ein wichtiges Ziel ist die weitere Internationalisierung unserer dualen Studiengänge gemeinsam mit unseren weltweit agierenden Unternehmen, um unseren Studierenden und dualen Partnern attraktive Möglichkeiten der Fachkräfteentwicklung zu bieten. Zudem setzen wir verstärkt auf digitale Transformation und Innovation in der Lehre. Die zukunftsorientierte Einbindung der Künstlichen Intelligenz in allen Bereichen der DHBW, der Lehre, Forschung, Weiterbildung und unserer Verwaltung ist mir ein Anliegen, dies sind immense Changeprozesse, die wir mit Nachhaltigkeit und im Sinne gesellschaftlicher Verantwortung als zentrale Themen weiter vorantreiben möchten.
Und zum Abschluss möchte ich Ihnen noch ein Zitat meiner Lieblingswissenschaftlerin Marie Curie mit auf den Weg geben, das wie kein anderes zur Bescheidenheit und Innovationskraft der DHBW passt:
„Bescheidenheit schickt sich für die Wissenschaftlerin, nicht aber für die Ideen die in ihr wohnen.“