Beton digital kennenlernen

Virtuelle Laborübungen an der DHBW Mosbach

Eine Hochschule ohne Studierende ist undenkbar und war doch im Sommersemester 2020 Realität. Fast. Denn die Studierenden waren „da“, wenn auch an ihren heimischen Schreibtischen und nicht vor Ort in ihren Seminarräumen am Campus der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) in Mosbach. Vorlesungen fanden von heute auf morgen nur noch digital statt – auch in den Laboren.

Für rund 200 Studierende im zweiten Semester im Studiengang Bauwesen standen „Grundlagen Beton und Zement“ und „Frischbetonversuche“ auf dem Studienplan. Eigentlich die Gelegenheit für die jungen Leute, selbst Hand anzulegen, zu lernen, wie sich Frischbeton verhält und auf was sie achten müssen, um beim Bau eine hohe Qualität zu erreichen. „Wir wollten trotzdem ‚Praxis‘ vermitteln, zumindest ein wenig“, erzählen die Laboringenieure Ralf Brecht und Christian Stier. Sie richteten darum ein „virtuelles Betonlabor“ ein.

„Die Lernplattform Moodle bietet hierzu einen virtuellen Kursraum mit umfangreichem Werkzeugkasten an.“ Selbst Beton mischen war dort zwar nicht möglich, aber die Studierenden erhielten ihre Einführung, welche Kenntnisse das Labor vermitteln sollte und was dafür zu tun war, per Begrüßungsvideo. Danach folgten vertonte Präsentationen, Lehrvideos und interaktiver Inhalt, Dokumente zum Download und weiterführende Links. Durch sogenannte Bedingungen im Kursraum stellten Brecht und Stier sicher, dass die Studierenden die einzelnen Themen nacheinander in der richtigen Reihenfolge bearbeiteten. Virtuell lehren hat den Vorteil, dass die Studierenden das Labor rund um die Uhr besuchen, die Lehrinhalte jederzeit wiederholen und sich im Forum mit den Laboringenieuren und den anderen Studierenden austauschen können. „Wir haben das Labor mit einem kleinen Test in Form einer Multiple-Choice-Prüfung abgeschlossen“, erzählt Christian Stier. Wurde eine Mindestpunktzahl erreicht, konnten die Studierenden ein Zertifikat erstellen, welches ihnen die Teilnahme am Labor bescheinigte – und die haben alle Kursteilnehmerinnen und -teilnehmer am Ende erhalten.

„Das ‚reale‘ Labor endet eigentlich ganz ohne Prüfung“, so die Laboringenieure. „Wir denken also, dass die Studierenden dieses ungewöhnliche Semester mit einem erfolgreichen Labor beendet haben, und zwar ohne tatsächlich in Mosbach zu sein.“

Viele weitere Laborübungen wurden verschoben – zeitlich oder eben in den virtuellen Raum. „Die digitale Lehre, auch mithilfe von Moodle, ist keineswegs neu und wird an der DHBW Mosbach schon lange gelebt“, erklärt Erika Günter-Deimling, Teamleiterin des Educational Support Centers, das den Lehrenden das Semester über beratend und praktisch zur Seite stand. Dennoch habe das Thema, wie in so vielen Lebensbereichen, von jetzt auf gleich so stark an Bedeutung gewonnen, wie es sich zu Anfang des Semesters noch niemand hätte vorstellen können.

„Aus unserer Sicht sind die Möglichkeiten der digitalen Labore noch lange nicht ausgeschöpft“, erklärt auch Achim Hantschel, der Leiter aller nichtelektrischen Mosbacher Labore. Aktuell arbeitet das gesamte Laborteam daran, weitere Lehr- und Laborinhalte digital vorzubereiten und gleichzeitig auch die Räume vor Ort für eine Rückkehr der Studierenden an den Campus zu ermöglichen – selbstverständlich unter Einhaltung der gebotenen Hygieneregeln - , um das Beste für die Studierenden anzubieten. Ein praktisch angelegtes Labor kann natürlich nie ganz durch ein „virtuelles Labor“ ersetzt werden, ohne wichtige Dinge durch buchstäbliches „Begreifen“ zu vermitteln. Das Labor der Zukunft, so sind sich die Beteiligten einig, müsste also ein hybrides Lehrformat sein, das das Beste aus virtueller und realer Welt, aus Theorie und Praxis verknüpft.