Die Geschichten hinter den Pixeln

Podcast achwas.fm über Netz-Phänomene

Orientierungslos im Dschungel der Digitalisierung: Viele Menschen fühlen sich derzeit überfordert, wenn es um Internet, mobile Apps und digitale Themen geht. Die Komplexität vernebelt den Blick auf die Hintergründe, aber auch auf die Gefahren und Fallstricke des Netzes. Diesen Nebel lichtet jetzt der Podcast achwas.fm. „Die Geschichten hinter den Pixeln“ – so der Untertitel – erzählen seit Juni 2021 zwei Lehrende der DHBW Mosbach, der Psychologe und Onlinemedien-Professor Thomas Wirth sowie der Bonner Datenwissenschaftler Hans-Werner Klein.

In rund einstündigen Beiträgen blicken sie auf Phänomene, die uns täglich im Netz begegnen, und fragen nach Zusammenhängen: Wie ist der beispiellose Erfolg sozialer Medien zu erklären? Was ist von den Verheißungen der künstlichen Intelligenz zu halten? Wofür und von wem werden die Datenspuren verwendet, die wir im Netz hinterlassen? Verändert das Web die natürlichen Regeln unseres Zusammenlebens? Warum surfen wir manchmal stundenlang im Netz – mit dem unguten Gefühl, gar nicht mehr aufhören zu können? Mit welchen Strategien optimieren Firmen ihre Angebote für das menschliche Verhalten? Wieso haben sich soziale Medien und Messenger zu berüchtigten Spielplätzen von Hass, Lügen und Mobbing entwickelt?

Der Online-Experte Thomas Wirth: „Die Digitalisierung der vergangenen 30 Jahre war keine sanfte Evolution, also etwas, an das wir uns langsam gewöhnen und das wir erlernen konnten. Es war eine harte Transformation: In kürzester Zeit gab es viele ungeahnte digitale Möglichkeiten. Internet und mobile Apps bieten viele inzwischen unverzichtbare Funktionen für den Beruf, Wissenserwerb, Alltag, Spaß und Zerstreuung. Daneben gibt es aber auch missbräuchliche, ungute Entwicklungen. Wir schauen uns in unserem Podcast bei aller Begeisterung für die Ersteren auch die Letzteren gründlich an.“

Dass es solche „digitalen Verwerfungen“ definitiv gibt, hatte zuletzt beispielhaft die Whistleblowerin Frances Haugen mit ihren Hinweisen auf Missstände bei Facebook deutlich gemacht. Nicht umsonst überlegen die EU und die USA derzeit, die Marktmacht großer Internet-Konzerne einzuschränken.

Start mit dem Cambridge Analytica-Fall

Ganz bewusst hatten sich die beiden Wissenschaftler in ihrem allerersten Beitrag dem Skandal um die Firma Cambridge Analytica im Jahr 2014 gewidmet. „Diese Folge zeigt sehr gut, wie Kommerz, Politik, Psychologie und neue Methoden der Datenanalyse zusammenwirken“ sagt Data Scientist Hans-Werner Klein. Cambridge Analytica konnte für den Wahlkampf von Donald Trump auf die Persönlichkeitsdaten von 87 Millionen Facebook-Nutzer zurückgreifen. Diese Daten wurden für gezielte persönliche Ansprachen genutzt, was als eine der Grundlagen für den Wahlerfolg von Trump gilt – oder zumindest von Cambridge Analytica so reklamiert wird. „Wahrscheinlich spielte diese Kombination von Persönlichkeitstests und Methoden des Online-Marketings auch bei der Brexit-Entscheidung eine Rolle“, so Klein.

Mehrere Folgen widmen sich aus verschiedenen Blickwinkeln den sogenannten „Dark Patterns“. „Dabei geht es um die mehr oder weniger offenen Taktiken, mit denen Info-Portale, Shops oder Spiele-Anbieter ihr Publikum zu bestimmten Verhaltensweisen leiten, überreden, manipulieren oder zwingen wollen“, erläutert Thomas Wirth. „Mit diesen Taktiken sind die Anbieter im Web oft sehr erfolgreich.“ Eine der bekanntesten ist wohl die reflexartige Zustimmung zu nervigen seitenlangen AGBs – nur damit es endlich weitergeht. Wir kaufen, bestellen, übergeben persönliche Daten und erteilen Genehmigungen: Klick, klick, klick. Wir treffen Entscheidungen nicht so, sondern anders, wir klicken nicht diesen, sondern jenen Button. Wie Erkenntnisse der Psychologie hierbei zum Teil sehr subtil eingesetzt werden, um Menschen in eine bestimmte Richtung zu lenken, erklären die Podcast-Macher sehr verständlich.

Differenzierte Betrachtungen statt eindimensionaler Aussagen

Auch der Frage, wie es sein kann, dass Facebook, Instagram oder TikTok als erfolgreiche milliardenschwere Stars der Digitalisierung gelten, obwohl sie Jugendliche krank oder sogar depressiv machen, widmet sich der Podcast. Die beiden Experten tauschen sich über eine Studie mit dem Titel „Social Media Nutzung und jugendliche psychische Gesundheit“ aus, der eine Befragung von 10.904 vierzehnjährigen Heranwachsenden zugrunde liegt. Hier wird eine der großen Stärken der Podcasts deutlich: die besprochenen Phänomene und Erkenntnisse stets differenziert zu betrachten und nicht nur zu eindimensionalen Aussagen wie „Facebook macht depressiv“ zusammenzufassen. Sie belassen es dabei nicht bei Anekdoten, sondern belegen ihre Erklärungen – wie in allen Episoden ihres Podcasts – mit Daten und Fakten aus der Wissenschaftsgeschichte und aktuellen Studien.

„Mit den Geschichten, die wir einmal die Woche neu erzählen, bauen wir Stück für Stück ein Gesamtbild auf“, sagt Hans-Werner Klein. „Wir wollen das Internet natürlich nicht kaputt reden und sagen: Schau mal, so hässlich ist es dort. Wir wollen vielmehr aufklären.“ Die digitale Transformation des Alltags bedeute bildlich, dass man sich in täglich in fremden Ländern bewegt, in denen man sich noch nicht so richtig auskennt. „Diese Länder können wunderschön sein. Es können aber auch tiefe Moraste und Gletscherspalten lauern, auf die wir eben auch aufmerksam machen.“

Zu allen Folgen gibt es auf der Webseite achwas.fm umfangreiche Quellenangaben und Links zu weiterführenden Informationen. Den Podcast findet man unter anderem auf den verbreiteten Plattformen Spotify, Apple Podcast, Google Podcast und anchor.fm. Auch Apps wie beispielsweise Podcast Addict und andere finden achwas.fm. Einfach mal reinhören!

Kontakt

Prof. Dr. Thomas Wirth
  • Professor Onlinemedien

Oberer Mühlenweg 2-6
74821 Mosbach

Telefon
06261 939-475
Fax
06261 939-430
E-Mail
thomas.wirth@mosbach.dhbw.de
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