Friends Next Door
Hallo, mein Name ist Maximilian Daum und ich studiere Wirtschaftsingenieurswesen mit Schwerpunkt internationales technisches Projektmanagement an der DHBW Mosbach im dualen Studium mit der Firma KAESER Kompressoren SE. Im Rahmen dieses Studiums hatte ich die Möglichkeit mich für ein Studium im Ausland im 5. und 6. Semester meines Bachelors zu entscheiden. Dieser Blogbeitrag soll dazu dienen, meine anfänglichen Erfahrungen am Studienort meiner Wahl, der University of Galway, Ireland (früher National University of Ireland, Galway) schriftlich festzuhalten.
Als erstes muss ich mich in diesem Rahmen kurz zur Wahl meines Studienortes äußern, die ich natürlich in Absprache mit dem Unternehmen, für das ich arbeite, getroffen habe. Hierbei lag der Schwerpunkt klar darauf internationale Erfahrung in einem englischsprachigen Umfeld zu sammeln, um damit auch der beruflichen Karriere des Wirtschaftsingenieurs in Schnittstellenpositionen gerecht zu werden. Da meine Hochschule in Deutschland bereits eine sehr gute Beziehung zur irischen Universität in Galway gepflegt hatte und viele gute Erfahrungen auch von früheren Studenten dort gemacht werden konnten (im Speziellen auch mein Arbeitskollege und ehemaliger Student desselben Faches bei KAESER), habe ich mich für diese Möglichkeit entschieden.Was bedeutet es jedoch ein Auslandstudium zu absolvieren? Wie schwer ist es in einem völlig neuen Umfeld Fuß zu fassen? Was macht das Auslandstudium besonders aus?Um diese und ähnliche Fragen soll es im Folgenden gehen. Anfangs ist jedoch zu erwähnen, dass ich zum Zeitpunkt dieses Beitrags bisher erst das erste meiner beiden Auslandsemester (also das 5. Semester meines Studiums) absolviert habe.Alles begann recht schnell und doch mit einigen Hindernissen. Die Reise beginnt circa ein halbes Jahr vor der Abreise nach Irland, und zwar Anfang des Jahres 2022. Die Corona Pandemie scheint abzuebben und ein Auslandstudium klingt nach einer realistischen Möglichkeit den persönlichen Horizont zu erweitern und das in Deutschland begonnene Studium sinnvoll zu beenden. Ein erstes virtuelles Meeting mit dem Koordinator der fremden Universität macht Hoffnung auf ein interessantes Erlebnis und sorgt für gewisse Beruhigung durch das Klären anfänglicher Fragen nach Wohnung, Studienfächern, Studiengebühren etc. und einer ersten unverbindlichen Zusage, für das Auslandsstudium in Irland akzeptiert worden zu sein. Jedoch zeigte sich in den folgenden Monaten, dass auch in Irland manche Dinge etwas länger auf sich warten lassen. So kam es dazu, dass die offizielle Bestätigung erst wenige Wochen vor Beginn des Studiums bei mir eintraf. Außerdem schlugen zahlreiche Versuche fehl, privat eine Unterkunft für das kommende Winter- und anschließende Sommersemester zu finden. Dementsprechend groß war die Erleichterung, als der Koordinator für die Studierenden aus Mosbach in Irland uns unabhängig von Bewerbungsprozessen der Studentenwohnheime einen Wohnungsplatz anbieten konnte, der natürlich unverzüglich gebucht wurde. So stand der Reise nach Irland Ende August/Anfang September 2022 nichts mehr im Wege. Die Zeit davor arbeitenden beim dualen Partnerunternehmen verging wie im Flug und plötzlich saß ich im Flieger in ein Land und ein Leben, dass völlig neu für mich war. Die Komfortzone verlassend gelangte ich in das zugewiesene Apartment. Zu erwähnen ist hierbei, dass ich dies glücklicherweise mit zwei deutschen Studienkollegen desselben Studienganges teilen konnte, die ich bereits in den ersten vier Semestern meines Studiums kannte. Jedoch, in ein Umfeld zu gelangen, in dem so viele verschiedene Menschen aus unterschiedlichen Ländern zusammenkommen, war völlig neu und überaus interessant. Viele Studenten mit viel Gemeinsamkeiten bei Studienfächern, Alter oder persönlichen Interessen, aber auch extremen Unterschieden mit Blick auf Herkunft, Erfahrungen, Kultur und Verhaltensweisen.
Zu diesem Zeitpunkt am Tag meiner Ankunft in Galway, meiner neuen Heimat für die kommenden Monate, geschah das wohl unscheinbarste und zugleich prägendste Ereignis meines 5. Semesters, dessen Bedeutung mir erst jetzt, als ich diese Zeilen schreibe, nach dem ersten Auslandsemester in vollem Umfang bewusst wird. Als ich am ersten Tag mit einem meiner Mitbewohner über das Gelände der studentischen Wohneinrichtung lief, sprach mich aus dem nichts eine Person an, deren Bekanntschaft die Überschrift diese Blogartikels gewidmet sein soll. Es handelte sich hierbei um einen Amerikaner, der uns wohl bereits gesehen hatte, wie wir unser Apartment bezogen, denn er stellte sich uns vor als direkter Nachbar im Apartment nebenan mit der Frage, ob wir uns demnächst wohl bei einem der zahlreichen Events und Festivitäten der Universität für das neue Studienjahr näher kennenlernen werden. Diese unbeschwerte und offene Art führte dazu, dass wir uns von Anfang an als Nachbarn direkt sympathisch waren und im Folgenden auch einige Dinge miteinander unternahmen, auch zusammen mit den restlichen Mitbewohnern des Nachbarapartments. Aus anfänglichen gemeinsamen Spaziergängen der deutschen Gruppe und unseren amerikanischen Freunden durch Galway zur Orientierung, wurden schnell Pläne für gemeinsame Reisen und Feiern, während des gesamten Semesters. Um nur ein paar zu nennen, haben wir zum Beispiel gemeinsam Geburtstage dieser neu entstandenen Freundesgruppe gefeiert, zusammen die örtlichen Pubs und Bars erkundet, auf einer Insel vor Galway gecampt, ein Wochenende in Dublin verbracht, eine Reise nach Glasgow und Edinburgh unternommen oder auch die Sehenswürdigkeiten Londons auf einem gemeinsamen Trip genossen. So trug es sich zu, dass wir uns alle immer besser kennenlernen konnten, Erfahrungen ausgetauscht haben, über unser bisheriges Leben und Zukunftspläne jedes Einzelnen spekulierten und einfach die Zeit genossen, die wir zusammen verbringen konnten, bei Filme- und Spieleabenden oder gemeinsamem Kochen und Essen. Gleichzeitig konnten wir uns über die Erfahrungen und Herausforderungen des Studiums und der verschiedenen Studiengänge austauschen, die jeder von uns belegte. Dabei konnte ich persönlich vor allem feststellen, wie schon in kurzer Zeit meine Englischkenntnisse auf die Probe gestellt wurden, sowohl durch alltägliche Konversation als auch durch akademisches Arbeiten an der Universität. Hier muss ich sagen, dass ich doch eine Verbesserung spüren konnte, durch den engen Kontakt zu den amerikanischen Freunden, wodurch täglich Englisch geübt und verbessert werden konnte. Zwischen all den neuen Eindrücken, dem Studium, den Plänen und Reisen, den neuen Bekanntschaften und der Gewohnheit an das neue andere Leben dort, vergingen die dreieinhalb Monate des Semesters unfassbar schnell. Und so schnell wir uns alle kennengelernt hatten, war auch schon wieder das Ende des Semesters erreicht und die Zeit für den Abschied nahte. Besonders schwerwiegend war dies, da wir Deutschen zwar für zwei Semester in Irland studieren d.h. nach der Weihnachtspause weiter machen, jedoch fast alle Amerikaner uns zum Ende des 1. Semesters in Irland für immer verlassen würden. Dessen bewusst, nutzten wir vor allem die letzten Wochen noch einmal intensiv, um trotz der zu absolvierenden Klausuren möglichst viel miteinander zu erleben, was uns als Gruppe noch stärker verband. Als dann die Abreise unvermeidlich bevorstand, gestaltete sich der Abschied wirklich sehr emotional mit kleinen Geschenken und Erinnerungen, die ausgetauscht wurden, um diese Freundschaft gebührend im Gedächtnis zu behalten, in der Hoffnung den Kontakt noch lange aufrecht zu erhalten und einander hoffentlich irgendwann wiederzusehen.
Abschließend gilt es festzuhalten, dass ein großer Zufall dieses Semester zum Besten meines bisherigen Studiums gemacht hat. Wie wahrscheinlich ist es, in einem neuen Land mit fremden Menschen, die direkten Nachbarn nach kurzer Zeit Freunde nennen zu dürfen, die dafür sorgen, dass viele Unklarheiten oder Herausforderungen gerade in der Orientierungszeit und Eingewöhnungsphase zusammen bewältigt werden konnten. Ich erachte es für sehr wertvoll nun auch international Kontakte zu haben, mit denen man gemeinsame Erfahrungen teilt und deren Bekanntschaft ein Paradebeispiel für ein erfolgreiches Auslandssemester abseits von den rein akademischen Leistungen sein kann. So gehe ich mit einem lachenden und einem weinenden Auge in das nächste, zweite Semester meines Auslandsstudiums, mit dem Wissen, dass jetzt unsere Freunde zwar nicht mehr im Nachbarapartment wohnen werden, aber wer weiß, vielleicht finden sich ja wieder „Friends Next Door“.