„Greenwashing Blabla“ ist keine Lösung für die Klimaprobleme unserer Zeit
Kamingespräch im Online-Format der DHBW-Außenstelle Bad Mergentheim
Was in Mosbachs DHBW-Außenstelle in Bad Mergentheim normalerweise als „Kamingespräch“ abläuft, kommt in Corona-Zeiten in der Online-Version als Zoom-Konferenz daher. Auch in den pandemischen Zeiten will man an dem vertrauten Format, einem Gesprächskreis in kleiner Runde festhalten. Denn anstelle eines Fachvortrags bietet die Veranstaltung Erfahrungsaustausch samt einem Blick hinter die Kulissen. Hauptgast und Referent des jüngsten Gesprächs war Robin J. Stalker, früherer Finanzvorstand bei Adidas und derzeit Aufsichtsratsmitglied in namhaften deutschen Unternehmen wie etwa der Commerzbank oder der Hugo Boss Group.
Campusleiter Prof. Dr. Seon Su Kim sprach in seiner Begrüßung von den Vorzügen, die der Blick ins „Nähkästchen“ in vertrauter Runde bietet. Diesen Charme möchte man auch im digitalen Format, moderiert vom Lehrbeauftragten John Juhasz, nicht missen. Dieser richtete seine Worte an eine kleine vertraute Runde von Studierenden des BWL- Studiengangs International Business am Campus Bad Mergentheim. Diese hatten auch Gelegenheit, ihre Fragen an den Wirtschaftsprüfer und Finanzfachmann nach dessen ungefähr halbstündigen Impulsvortrag zu richten. Neu war nur, dass diese Kaminrunde unter den Augen der Öffentlichkeit tagte. Angemeldet hatten sich nämlich noch rund 400 externe Zuhörerinnen und Zuhörer, die von ihren Wohn- oder Arbeitszimmern eingeloggt waren. Auch sie konnten sich via Chat einbringen und bei Abstimmungen ihre Meinung kundtun.
Stalker, der in Neuseeland geboren wurde, berichtete über seine Beweggründe, seine Karriereschritte und die Einsichten, die er in seiner langen Managementkarriere gewonnen hat. Es war ihm ein sichtliches Herzensanliegen, diesen Erfahrungsschatz einer jungen Zuhörerschaft zugänglich zu machen und den Austausch mit ihnen zu suchen. So gesehen brachte es das Motto der Veranstaltung: „Learn from and Look ahead“, was etwa heißt: „Lerne von und blicke voraus“, trefflich auf den Punkt.
Freimütig berichtete Stalker über seinen Werdegang und wie dieser seine Sicht im Lauf der Zeit verändert hat. Manche seiner früheren Ansichten sieht er kritisch. So ist er inzwischen überzeugt, dass der Klimawandel kritische Ausmaße angenommen hat. Umweltschutz und Nachhaltigkeit seien nicht mehr nur die Angelegenheiten von anderen oder der Politik, sondern beträfen alle und jeden. Insbesondere könne auch kein Unternehmen wegschauen. Diese Überzeugung lebt er auch als aktives Aufsichtsratsmitglied.
Während er früher dem nobelbepreisten Wirtschaftswissenschaftler Milton Friedman folgte, der dereinst formulierte, dass ein Unternehmen dazu da sei, Gewinne zu machen, müsse man heute weg von dieser eindimensionalen Sicht. Zwar spiele die finanzielle Situation eines Unternehmens noch immer eine Rolle, weil ohne das finanzielle Fundament die Existenz gefährdet sei. Gleichzeitig müssten aber auch die Kunden- und die Angestelltenzufriedenheit sowie als vierter entscheidender Punkt der ökologische Fußabdruck berücksichtigt werden. Alle vier Bereiche müssten messbar sein. Bloße Absichtserklärungen, das Klima schützen oder den CO2-Ausstoss senken zu wollen, bezeichnete Stalker als substanzloses „Greenwashing Blablabla“. Es reiche nicht, sich ein grünes Mäntelchen umzuhängen.
Konkret statt abstrakt, das gelte nicht nur für Firmen, sondern für jeden einzelnen, der sich fragen müsse, wie er leben, was er essen und was er konsumieren wolle. Finanzielle Bereiche lassen sich gut messen. Für andere Bereiche wie den ökologischen Fußabdruck des Unternehmens sei das schwieriger, aber machbar. Erste Standards lägen vor. Wichtig war Stalker, dass diese Probleme weltweit gelöst werden müssen und nicht nur in Deutschland, denn sonst kämen billige und nicht ökologisch erzeugte Wirtschaftsgüter über die Grenze wieder ins Land und die positiven Absichten würden zu nichte gemacht. Hier sieht er die Politik in der Pflicht.
In der Fragerunde wollten die Kamingäste wissen, was ihn zu seinem Engagement veranlasst. Außerdem erbaten sich Fragende Fingerzeige und Hinweise, was für den ökologischen Wandel wichtig ist. Softskills wie Empathie für die Menschen, Klarheit und Respekt stellte der Finanzfachmann für den beruflichen als entscheidende Erfolgsfaktoren heraus. Er selbst habe lernen müssen, dass es in anderen Lebensbereichen auch mal eine Richtungsänderung brauche und kurzfristiger Erfolg nicht unbedingt zu langfristigem führe, sei es auf beruflicher oder wirtschaftlicher Ebene.
Im Hinblick auf seine zugeschaltete junge Zuhörerschaft merkte er an, dass es gewiss hilfreich sei, einen Plan zu haben. Er selbst habe sich mit 14 oder 15 Jahren vorgenommen, in die Finanz- und Steuersparte gehen zu wollen und mit diesem Studium und Wissen in der Finanzsparte eines Industrieunternehmens zu arbeiten. Das habe er erreicht. Dennoch lautete sein Rat, trotz Plan immer auch flexibel zu bleiben und nicht stur auf einem festen Schema zu beharren.