„In Präsenz und virtuell: Das Wintersemester wird hybrid“

Rektorin Prof. Dr. Gabi Jeck-Schlottmann über den Studienbetrieb an der DHBW Mosbach

Die DHBW Mosbach startet in das Wintersemester. Wie wird es aussehen? Das Sommersemester 2020 an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) Mosbach war corona-bedingt plötzlich ein Online-Semester. Lediglich für die Klausuren betraten die Studierenden das Hochschulgelände. Was sich daran für das Wintersemester ändert, erklärt Rektorin Prof. Dr. Gabi Jeck-Schlottmann im Interview. 

 

Zu Hause oder im Hörsaal: Wo lernen die Mosbacher und Bad Mergentheimer Studierenden ab dem Herbst? 

Gabi Jeck-Schlottmann: Wir freuen uns riesig auf das Wintersemester, wenn ab Oktober wieder mehr Leben auf unsere aktuell verwaisten Campus in Mosbach und Bad Mergentheim kommt. Das Wintersemester wird ein hybrides Semester: Soviel Präsenzlehre wie möglich und nötig wird kombiniert mit digitalem Lehren und Lernen aus der Distanz. Auch wenn es wieder mehr Präsenzlehre gibt, wollen wir in Zukunft nicht die Vorteile aus der digitalen Distanzlehre aufgeben, die wir im Online-Sommersemester erfahren konnten. Die ersten Präsenzvorlesungen beginnen in der Fakultät Wirtschaft am 1. Oktober. An diesem Tag starten die Erstsemester, insofern freue ich mich sehr, dass wir ihnen ermöglichen können, sich von Angesicht zu Angesicht kennenzulernen. Die Erstsemesterstudierenden haben bei der Präsenzlehre Vorrang.

Darüber hinaus müssen wir priorisieren: Unser Fokus liegt darauf, dass zunächst der Prüfungsbetrieb reibungslos läuft und Laborübungen in Präsenz besucht werden können. Für die anderen Vorlesungen gilt: Es gibt Präsenzformate und digitale Formate des Distanzlernens in unterschiedlichen Anteilen. Entscheidend für den Anteil der Lehrformate ist, wie die methodisch-didaktischen Ziele in den jeweiligen Studiengängen und Modulen am besten erreicht werden können. Das entscheiden die Studiengangsleitungen nach Rücksprache mit den Lehrenden über die Lehrformate und informieren die Studierenden. 

Wie läuft der Studienalltag konkret ab? Was ändert sich im Vergleich zu früher? 

Gabi Jeck-Schlottmann: Wie immer erhalten die Studierenden zu Semesterbeginn von ihren Studiengangsleitungen einen Vorlesungsplan, in dem ganz konkret drin steht, wann welche Vorlesungen mit welchen Lehrenden in welchen Räumen in Präsenz oder aus Distanz stattfinden. Aufgrund begrenzter Räumlichkeiten können bei Einhaltung der geltenden Abstandsregeln nicht alle Kurse in Präsenz anwesend sein. In großen Hörsälen können Präsenzvorlesungen und Seminare für ganze Kurse stattfinden. In den kleineren Räumen ist dies bei Einhaltung der Distanzregeln nicht möglich. Bei Teilungen der Kurse im Rahmen der hybriden Lehre erlebt z.B. die eine Hälfte eine Präsenzvorlesung, die andere Hälfte verfolgt die Vorlesung am Bildschirm in einem Nachbarraum oder am häuslichen Arbeitsplatz, mit einem geregelten Wechsel zwischen den Gruppen, damit jeder und jede mal in den Genuss von Präsenzlehre kommt. Oder es kann sein, dass eine ganze Gruppe in einem bestimmten Zeitraum digital aus der Distanz lernt, während eine andere Gruppe vor Ort ist.

Das klingt aufwendig. 

Gabi Jeck-Schlottmann: Das ist es auch: Begrenzte Lehrkapazität und Engpässe bei Räumlichkeiten und der Technik erfordern einen erhöhten Planungs- und Organisationsauwand in der Lehre, da wir die Distanzregeln einhalten. Der hybriden Lehre geht ein ausgeklügelter Raum-Zeit-Veranstaltungsplan voraus, unter Berücksichtigung der methodisch-didaktischen Aspekte. Dabei sind auch die Rahmenbedingungen zum Infektionsschutz zu beachten, beispielsweise Reinigungszeiten. Wir investieren gerade stark in unsere technische Infrastruktur, denn wir brauchen nicht nur Geräte zur Übertragung von Vorlesungen, sondern auch Serverkapazitäten, Software-Lizenzen und ein gutes Netzwerk. Unsere Stiftung Pro DHBW Mosbach hat einer Umwidmung von Mitteln zugestimmt, sodass wir in eine Verbesserung unseres Lehrequipments investieren konnten und dies auch in Zukunft weiterverfolgen. Nun folgen Schulungen des Lehrpersonals und auch von studentischen Medienbeauftragten, falls einmal während der Vorlesungen etwas hakt.

Welche Vorteile sehen Sie in der digitalen Lehre? 

Gabi Jeck-Schlottmann: Die Hochschule nutzt digitale und Online-Tools schon lange. Bei asynchroner Lehre findet Lehren und Lernen zeitversetzt statt, z.B. mit Web-Based-Trainings, Podcasts, Arbeitsaufträgen. Studierende können Lehrvideos wiederholt anschauen, wenn sie komplexe Sachverhalte begreifen möchten. Vorlesungsaufzeichnungen und digitalisierte Lerninhalte kann man überall und jederzeit nutzen. Die Lernzeiten sind individualisiert. Synchrone Lehre mit Online-Präsenzvorlesungen, Webkonferenzen oder Foren ermöglichen direkte Interaktionen, Diskussionsrunden ohne lange Anreisewege. Eine gute Mischung dieser beiden Strategien mit einer intensiven Begleitung der Studierenden hat sich bewährt. Kurz: Digitalisierung macht unsere Lehre flexibler. Auch in Zukunft werden wir einen höheren Anteil an Online-Lehrformaten oder digitalisierten Lehrinhalten haben als vor der Corona-Zeit. 

Wenn das alles so vielversprechend ist, warum ist Ihnen dann die Präsenzlehre überhaupt so wichtig? 

Gabi Jeck-Schlottmann: Wir sind eine Präsenzhochschule, sowohl Lehrende wie auch Studierende wünschen sich möglichst viel Präsenz. Das soziale Lernen, das Kennenlernen und überhaupt das Studierendenleben macht doch eine Hochschule aus. Wir sind ein Ort der Begegnung, der guten Netzwerke und Verbindungen. Wissensvermittlung lebt von Erleben und Begreifen im wörtlichen Sinne, Erkenntnisgewinn entsteht oft erst in der Diskussion und im Streitgespräch und persönliche Kompetenzen werden in der Gruppendynamik geschärft. 

Will man digitale Lehre so umsetzen, dass sie einer Präsenzlehre möglichst nahekommt, erfordert dies nicht nur eine entsprechende technische Ausstattung, sondern sie ist für die Lehrenden auch aufwendiger als die klassische Präsenzlehre. 

Machen Sie sich Sorgen, dass es zu Infektionen an der Hochschule kommt?

Gabi Jeck-Schlottmann: Anders als an Schulen kommen unsere Studierenden nicht nur aus der näheren Umgebung, sondern aus ganz Deutschland, mit ganz unterschiedlichen Infektionsraten vor Ort. Die Praxisphase verbringen sie in einer anderen Region, das Wochenende häufig in der alten Heimat. Die Mobilität und Reisetätigkeit ist damit sehr hoch. Das Risiko, dass von außen eine Infektion in die DHBW hineingetragen wird und von uns überregional verteilt wird, ist deutlich größer als bei Schulen. Wir haben deshalb ein sehr strenges Hygienekonzept erstellt: Kleine Gruppen, Abstandsregeln, Maskenpflicht, Desinfektionsmittel und regelmäßiges Lüften sollen Infektionen verhindern. Sollte es doch zu COVID-19-Fällen kommen, haben wir die Nachverfolgbarkeit der Infektionsketten sichergestellt. Aber wir vertrauen auf die Vernunft der Studierenden, auf deren Rücksichtnahme, Einhaltung der Infektionsschutzregeln und Verständnis. Schließlich tragen unsere Studierenden als Arbeitnehmer bei ihren Dualen Partnern auch bereits Verantwortung und können sie sich als dual Studierende mit hoher geistiger Flexibilität schnell auf neue Situationen einlassen.