Mit KI zu mehr Sicherheit im Luftraum
Prof. Dr. Herbert Neuendorf, Professor für Wirtschaftsinformatik und Studiendekan des Studienzentrum Wirtschaftsinformatik OnlineMedien (WION) an der DHBW Mosbach erarbeitet mit seinen Studierenden im diesjährigen Integrationsseminar die Anwendbarkeit von künstlichen neuronalen Netzen zur automatischen Erkennung von Vogelschwärmen im Luftraum. Das Projekt ist eine Kooperation mit dem Zentrum für Geoinformationswesen der Bundeswehr (ZGeoBW).
Vogelschwärme - Sie sind oft in großen, dichten Schwärmen unterwegs und streifen mit ihren faszinierend synchronisierten Manövern über unseren Himmel hinweg. Doch das beeindruckende Naturschauspiel sorgt auch immer wieder für Ärger. Insbesondere im Luftverkehr wird das Schwarmverhalten für Mensch und Tier oft zur Gefahr.
Prof. Dr. Herbert Neuendorf verrät die Besonderheiten und Notwendigkeiten eines solchen Projektes.
Was wurde in dem diesjährigen Integrationsseminar bearbeitet?
Prof. Dr. Neuendorf: „Das Projekt dient der Prüfung der Anwendbarkeit neuronaler Netze zur automatischen Erkennung von Vogelschwarm-Mustern in Radarbildern. Zweck des Projekts ist die Detektion und Einstufung von "Vogelschlag-Gefahr" (sogen. Bird Strike - Kollisionen zwischen Flugzeugen und Vogelschwärmen) im Luftraum bestimmter Regionen.“
Wie genau sind Ihre Studierende dabei vorgegangen?
Prof. Dr. Neuendorf: „Im Vorfeld wurden mit dem ZGeoBW – genauer: mit der Abteilung Angewandte Geowissenschaften - Arbeitspakete im Bereich der Mustererkennung abgestimmt. Im Rahmen des Integrationsseminars bearbeiteten studentische Gruppen diese verschiedenen Thematiken, basierend auf frei verfügbaren Informationen des ZGeoBW. Die Studierenden evaluierten dazu verschiedene KI-Frameworks im Bereich Klassifizierung / Neuronale Netze, generierten Trainings- und Testdaten und trainierten neuronale Netze unterschiedlicher Struktur auf diesen generierten Mustern.
Zugleich wurde damit von den Studierenden das Prinzip des forschenden Lernens im Rahmen einer offenen Forschungsfrage praktiziert. Angesichts der schwierigen Bedingungen während des Sommersemesters ist auch dies ein bemerkenswerter Teilerfolg. An der Online-Präsentation der Gruppen am Mittwoch 24.06.20 nahmen auch die Vertreter*innen des ZGeoBW teil.“
Welche Lücke konnte durch das Projekt geschlossen werden?
Prof. Dr. Neuendorf: „Das Projekt erbrachte bereits deutlich Hinweise, dass auch eher schwach strukturierte Radarbild-Muster mit hinreichender Genauigkeit zur automatischen Indizierung und Klassifizierung von Vogelschlag-Risiken im Luftverkehr durch Neuronale Netze ausgewertet werden können (Proof of Concept). Zugleich ließ sich die zu erwartende Genauigkeit und Performanz abschätzen.“
Weshalb ist das Projekt und dessen Ergebnisse so gesellschaftlich relevant?
Prof. Dr. Neuendorf: „Obwohl es sich um eine Kooperation mit einer Institution der Bundeswehr (zugleich eine Ressortforschungseinrichtung des Bundes) handelt, sind die Resultate in keiner Weise an rein militärischen Anwendungen ausgerichtet. Die Gefährdung durch Bird Strike stellt auch für die Zivilluftfahrt ein permanentes Problem dar. Die rechtzeitige Erkennung potenziell gefährlicher Vogelzüge liefert somit einen wichtigen Beitrag zur Sicherheit im Luftverkehr.“
Ein kurzer Ausblick, wie geht es mit dem Projekt im neuen Studienjahr weiter?
Prof. Dr. Neuendorf: „Die Kooperation wird auf Basis der erzielten Resultate fortgesetzt. Angestrebt wird, Zugriff auf größere Bestände an Echt-Daten zu erhalten, um die Leistungsfähigkeit der genutzten Neuronalen Netze zu verbessern. Auch die Entwicklung einer geeigneten grafischen Oberfläche für produktiv nutzbare Software ist Thema der weiteren Zusammenarbeit.
Die Ergebnisse unterstützen auch die Masterarbeit einer Mitarbeiterin des ZGeoBW, die von ihrer Einrichtung und der Universität Hagen (Fakultät für Mathematik und Informatik) betreut wird.
Des Weiteren sind weitere studentische Projekte im Rahmen von Lehrveranstaltungen des 5. und 6. Semesters des SG Wirtschaftsinformatik geplant.“