Mittelständische Unternehmen im "War for Talents"
Fachkräftemangel und die demographische Entwicklung sind nur zwei Schlagworte, die Prof. Dr. Dietmar Polzin, Studiengangsleiter BWL-Handel Warenwirtschaft und Logistik an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) Mosbach zum Anlass nahm, zum 2. Forum Personalpraxis auf den Campus Mosbach einzuladen. Vor dem Hintergrund der speziellen Bedürfnisse und dem veränderten Konsumverhalten der alternden Gesellschaft sprach er von einem "War for Talents", vom Kampf um die besten Mitarbeiter vor allem im ländlichen Raum.
Mit der Forderung nach einem "Konzept für soziale Verantwortung" leitete er zum Impulsvortrag von Prof. Dr. Stephan Fischer über. Der Studiendekan im MBA Studiengang Human Resources Management and Consulting an der Hochschule Pforzheim stellte das Kernthema des Forums "Nachhaltigkeit im Personalmanagement" in Anlehnung an die prägnante Nachhaltigkeitsrichtlinie großer Wirtschaftsunternehmen, der "triple bottom line" (TBL), "people, planet, profit", auf drei Säulen : Ökologie, Ökonomie und Soziales. Das werde von allen DAX-Unternehmen ernst genommen und, zumindest schon ansatzweise, praktiziert.
Wie dies in den einzelnen Unternehmen gehandhabt wird, erfuhren die mehr als 100 Gäste in den drei zur Auswahl stehenden Workshops "Mitarbeiterbindung im Mittelstand/Retention Management", "Spezifische Qualifizierungskonzepte und Arbeitsplatzgestaltung für ältere Mitarbeiter" und "Kompetenzmanagement in mittelständischen Unternehmen: Nachwuchskräfte- und High-Potential-Programme".
"Wir haben so viel Zeit und Geld in die Ausbildung, Karriereplanung und Spezialisierung gesteckt, dass es erst mal weh tut, wenn ein guter Mitarbeiter geht", sagte Sandra Hoffmann, Leiterin Personalmarketing bei der Bertrandt AG, einem Ingenieurdienstleister im Automobilbereich mit gegenwärtig 8000 Mitarbeitern an international 37 Standorten. Sie leitete den Workshop "Mitarbeiterbindung im Mittelstand/Retention Mangement" und kennt das Problem mittelständischer Unternehmen aus eigener Erfahrung: "Nach fünf Jahren verlieren wir unsere Hochschulabsolventen an die Kunden." Die Branche der entwicklungsbegleitenden Dienstleistungen brummt: Pro Monat werden 300 neue Mitarbeiter eingestellt, Fachkräfte werden dringend gesucht. Der demographische Wandel, so betonte sie, heize den Wettbewerb noch an. Durch das Schaffen von Unternehmenswerten, etwa den Schulterschluss zu Teamwork, Kollegialität und gemeinsame emotionale Erlebnisse, durch Paten zur Einarbeitung neuer Mitarbeiter, Weiterbildungsangebote, Karriereplanung, Altersversorgung, flexible Arbeitszeitmodelle, anonyme Mitarbeiterumfragen und "Vergütungssysteme, die zum Markt passen", versucht die Bertrandt AG, ihre hochqualifizierten Mitarbeiter zu halten.
Michael Kausch von der Stihl Vertriebszentrale AG & Co. KG konzentrierte sich in seinem Workshop auf die Bindung älterer Arbeitnehmer, für die beispielsweise optimale Greifhöhen oder Sitz- statt Stehplätze geschaffen wurden. Allerdings reichen reine Arbeitsplatzveränderungen nicht aus, das Berücksichtigen psychischer und physischer Belastungen oder gar Krankheiten sei ebenso wichtig. Beim Kompetenzmanagement stellten Maren Kirchher von der Arnold Umformtechnik GmbH & Co. KG und Konrad Seber von der Konrad Hornschuh AG die Bindung der Nachwuchskräfte und "High Potentials" durch das Aufzeigen individueller Entwicklungswege heraus. Prof. Dietmar Polzin freute sich über das große Interesse an dem Forum und plant schon das nächste. Themenvorschläge sind willkommen.