Plötzlich digital: Das Potenzial digitaler Lehrformen richtig nutzen
Das digitale Sommersemester an der DHBW Mosbach war eine Herausforderung. In Zusammenarbeit aller plant die DHBW Mosbach ein hybrides Wintersemester.
Noch Anfang des Jahres hätte keiner damit gerechnet: Das Sommersemester an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) Mosbach lief komplett digital ab. Nun bereiten sich Lehrbeauftragte, Mitarbeiter und Studierende auf das kommende hybride Wintersemester vor, in dem geplant ist virtuelle und Präsenz-Lehre miteinander zu kombinieren.
Umstrukturierung der Lehrform
Das Grundverständnis der Präsenzlehre und Betreuung an der DHBW Mosbach wurde durch die Abstandsregelungen der Corona-Verordnungen komplett auf den Kopf gestellt. Diskussionen im Seminar, Gespräche vor und nach den Lehrveranstaltungen, persönliche Beratung – all das macht den normalen Studienalltag an der DHBW aus und bereichert das Lernen ungemein. Um nun auch online den Kompetenzerwerb der Studierenden zu gewährleisten, waren besondere Lehrformate gefragt, bei denen die Studierenden in einem virtuell lernfreundlichen Umfeld gut vorankommen. Damit die Lehrenden diese gut umsetzen konnten, unterstützte eine eigene Abteilung der Hochschule, das Education Support Center, kurz ESC.
Präsenzveranstaltungen einfach nur 1:1 virtuell zu übertragen, ist bei einem Online-Semester kaum umsetzbar – weder technisch noch didaktisch. Die Professorinnen und Professoren wie auch die externen Lehrbeauftragten nutzten daher verschiedene Formen der virtuellen Lehre. Zum einen konnten sie auf sogenannte asynchrone Lehrstrategien zurückgreifen, bei denen Studierenden und Lehrende zeitversetzt arbeiten und interagieren. Dabei hatten sich viele Lehrende entschlossen ihr Lehrmaterial durch Videos zu erweitern, die sie selbst produzierten und auf die die Studierenden jederzeit von überall zugreifen konnten. Diese wurden um Fragenkataloge und Aufgabensammlungen ergänzt. Um dennoch den direkten Austausch zu pflegen, wurden auch synchrone Lehrwerkzeuge eingesetzt. Dabei fand die Lehre und Betreuung im Rahmen von Webkonferenzen zu einem festen Zeitpunkt statt. „Generell sind die Erfahrungen der Online-Lehre recht positiv“, erklärtProf. Dr. Christian Kuhn, Studiengangsleiter Elektrotechnik. „Als Lehr-Konzept hat sich eine Mischung aus synchronen und asynchronen Lehrinhalten bewährt. Reine Vortragsfolien und Skripte sind für die Studierenden meist schwer verständlich. Besser ist es, den Lernprozess mit Videos oder interaktiven Erläuterungen und Übungen in Webkonferenzen zu unterstützen.“ Durch Abwechslung lasse sich der Lernalltag auch besser und effektiver gestalten – denn vier Stunden Webseminar sind nicht nur für den Lehrenden viel anstrengender als vier Stunden Präsenzkurs, sondern auch für die Studierenden.
Online-Lehre qualitativ gestalten
An der DHBW Mosbach lehren rund 75 hauptamtliche Professorinnen und Professoren und zusätzlich 900 externe Lehrbeauftragte. Manche von diesen waren technisch und mediendidaktisch versiert, für andere war diese Form der Lehre Neuland. „Wichtig war es, die Lehrenden dort abzuholen, wo sie sind, und darauf aufbauend zu unterstützen“, so Erika Günther-Deimling, Leiterin des ESC-Teams. Einige Lehrende besaßen bereits Expertenwissen. Beispielsweise nutzten sie Online-Tools als Alternative zur Tafel.
Mithilfe dieser Tools entwickelten sie bspw. komplexe Rechenvorgänge und filmten dabei den Bildschirm. Die Studierenden konnten dann den gesamten Rechenvorgang in dem so erstellten Lehrvideo mehrmals ansehen.
Andere wiederum standen zu Beginn des Semesters noch am Anfang. Gemeinsam mit den Lehrenden vermittelte das ESC didaktische Online-Kompetenzen, boten Schulungen, Beratungen und Tools an. „Jeder Lehrende musste dabei seine eigene Lehr-Strategie entwickeln, die zu ihm oder ihr passt. Entscheidend war jedoch immer, Präsenz zu zeigen und Beiträge von den Studierenden einzufordern“, so ESC-Teammitglied Mirjam Banse.
Betreuung ist das A und O
Egal ob synchron oder asynchron, im direkten Gespräch per Telefon oder Webkonferenz, per Fragenforum oder E-Mail: Wichtig ist, den Kontakt zu den Studierenden durchgehend zu halten, sind sich ESC und Lehrende einig. Die Betreuung läuft nicht nur durch bereitgestellte Ablaufpläne und Lernaufträge ab. Insbesondere der direkte Austausch in den Sprechstunden und Diskussionsrunden, sowie die Aufforderung zur aktiven Mitarbeit hilft, den Kontakt zwischen Studierenden und Lehrenden nicht abreißen zu lassen und Unterstützung anzubieten, wo diese im Rahmen des Komptenzerwerbes aber auch hinsichtlich der Motivation gebraucht wird. Nur so konnte und kann die digitale Lehre erfolgreich umgesetzt werden.
Eine Chance für die Zukunft?
Ein stimmiges didaktisches Konzept, welches einen (a)synchronen Medieneinsatz und die Lernziele und -inhalte sinnvoll aufeinander abstimmt, die Bereitschaft sich auf etwas Neues einzulassen sowie eine verlässliche und intensive Betreuung der Studierenden seitens der Lehrenden sowie die Motivation der Studierenden dabei mitzuziehen und eigenständig zu lernen – das macht erfolgreiche virtuelle Lehre aus. Digitale Lehrformate sind an der DHBW noch nicht selbstverständlich, doch das Umdenken ist gelungen – auch dank der Zusammenarbeit von IT, Sekretariaten und Studiengangsleitungen, die mit ihrem Einsatz und der Zusammenarbeit mit dem ESC einen entscheidenden Beitrag zur Umsetzung des digitalen Semesters beitragen.
Virtuelle Lehre bietet die Chance, Lehre vielfältiger zu gestalten. Schon jetzt werden einzelne Bereiche sichtbar, bei denen Online-Lehre die Präsenz auch dauerhaft gut bereichern kann. „Hinsichtlich meiner nächsten Vorlesungen werde ich versuchen, Teil-Online-Vorlesungen zu integrieren, um einzelne, passende Themen bzw. Themenblöcke online zu transferieren, jedoch möglichst in Verbindung mit Präsensvorlesungen. Insbesondere die ersten Vorlesungen eines neuen Kurses sollten auf jeden Fall in Präsenzform erfolgen“, so Reinhard Herden Lehrbeauftragter im Studiengang BWL-Industrie. Auch er betrachtet die bisherigen Fortschritte als positiv: „Es war zwar eine Herausforderung, aber ich habe sie gerne angenommen, bin daran gewachsen und in meiner Lehrtätigkeit bereichert worden.“ Auch Prof. Dr. Elke Heizmann, Studiengangsleitung Betriebswirtschaftliche Steuerlehre, Unternehmensrechnung und Finanzen, möchte einige der erforderlichen Veränderungen zukünftig in der Lehre beibehalten: „Komplexe Themen können künftig ergänzend vertieft werden, indem aus bisherigen Präsentationsfolien vertonte Videos erstellt werden. So stehen die mündlichen Erläuterungen den Studierenden auch auf Abruf zur Verfügung. Damit schafft die Digitalisierung einen echten Mehrwert zur Präsenzvorlesung. Außerdem werde ich zukünftig vermehrt individuelle Online-Besprechungen für die Betreuung von wissenschaftlichen Arbeiten anbieten.“
So hat sich die Lehre an der DHBW Mosbach in den letzten 6 Monaten schneller und umfassender geändert als in den Jahren zuvor, neue Tools und Ideen wurden eingesetzt und manch einer hat sich dank Corona-Krise erstmalig an virtuelle Lehr- und Lernumgebungen herangetastet. „Wir alle, Studierende, Lehrende und Mitarbeitende entwickeln in dieser Zeit Weise neue Kompetenzen, die die Lehre an der DHBW Mosbach bereichern“, so Banse.