Wasserkraft, die Anden und Bayerns Wanderkultur

Kolumbianerin promoviert in Kooperation an der DHBW Mosbach

In Marcela Maldonado Lees Heimat Kolumbien ist es – wie hierzulande – ungewöhnlich, dass eine Frau Bauingenieurwesen studiert.  Die heute 26-Jährige ließ sich dennoch nicht davon abhalten, in die beruflichen Fußstapfen ihres Vaters zu treten. Inzwischen beschäftigt sie sich im Rahmen ihrer kooperativen Promotion an der Technischen Universität (TU) München gemeinsam mit der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) Mosbach mit ökologischen Wasserkraftkonzepten. Ab dem Wintersemester 2015/16 wird sie parallel Bauingenieurwesen,  Wasserbau und Simulation an der DHBW Mosbach unterrichten.

Im Speziellen drehen sich Maldonado Lees Forschungen im Zuge der Promotion um so genannte Schachtkraftwerke (siehe Infokasten). Das Besondere dieser Anlagen: Sie arbeiten besonders umweltschonend und lohnen sich auch schon bei niedrigem Gefälle. Das Problem bis dato: Schachtkraftwerke taugen zunächst einmal nur für kleine Flüsse – oder aber, es braucht mehrere Anlagen nebeneinander. Und genau hier setzt die Promotion der Kolumbianerin an. Sie untersucht die optimalen Dimensionen der Mehrschachtanlagen.  Auch will die 26-Jährige mit ihrer Promotion die ökologische Nachhaltigkeit des Mehrschachtkonzepts belegen.

Dass Maldonado Lee jetzt an der TU München promoviert, ist keine Selbstverständlichkeit. Bis vor fünf Jahren sprach sie kein Deutsch, inzwischen kann sie mit Kollegen selbst über komplexe Sachverhalte in der Fremdsprache fachsimpeln. Ursprünglich stammt die Kolumbianerin aus Cucuta, einer kleinen Stadt im Grenzgebiet zu Venezuela. Im Gymnasium lagen ihr vor allem die Fächer Mathematik und Physik. „Mein Vater, selbst ein Bauingenieur, motivierte mich zum Ingenieurstudium, obwohl das alles andere als ein klassischer Frauenberuf ist“, sagt Maldonado Lee.

Sie studierte ab 2008 Bauingenieurwesen an der Universidad de los Andes in der kolumbianischen Hauptstadt Bogotá, hängte anschließend ein Bachelor-Studium zum Umweltingenieur an. Schon damals interessierte sie sich vor allem fürs Thema Wasserbau, der Umweltgedanke spielte für sie eine tragende Rolle: „Wasser ist die Grundlage des menschlichen Lebens. Deshalb ist es so wichtig, unser Wasser besser und sauberer zu machen.“
 
2011 traf die Kolumbianerin dann die Entscheidung, ihre Kenntnisse im Ausland zu erweitern. Sie bewarb sich beim Deutschen Akademischen Auslandsdienst (DAAD) – vor allem auch, weil sie die hohe Bildungs- und Forschungsqualität in Deutschland schätzt. Die junge Frau erhielt ein Stipendium  und studierte weitere fünf Semester Umweltingenieurwesen an der Technischen Universität München. Dabei spezialisierte sie sich auf die Fachbereiche Hochwasserschutz und Wasserkraftanlagen – zwei Themen, die auch in ihrer Heimat eine tragende Rolle spielen. „In Kolumbien werden 70 Prozent der Energie über Wasserkraft gewonnen, ganz einfach, weil mit viel Wasser und den Anden alle Voraussetzungen gegeben sind“, erzählt die 26-Jährige. Hochwasserschutzmaßnahmen indes würden bis dato viel zu wenig vorgenommen, obwohl El Niño y la Niña und die Regenperioden das Land immer wieder mit Überschwemmungen plagten. 

Seit dem Sommer 2014 hält Marcela Maldonada Lee ihren Master of Science in Händen, nahm anschließend eine Auszeit, um in die Heimat zu reisen. Im Herbst trat sie eine Stelle als wissenschaftliche Hilfskraft an der TU München an. Ende 2014 stand fest, dass die Ingenieurin im Rahmen des Innovationsprogramm Forschung in Mosbach und der bayerischen Landeshauptstadt promovieren und parallel einen Lehrauftrag an der DHBW Mosbach erhalten wird. „Aktuell liegt mein Fokus auf der Promotion, ab dem Wintersemester werde ich  zusätzlich in Mosbach unterrichten“, sagt die 26-Jährige. Bis jetzt habe sie noch nicht gelehrt, blicke den Blockvorlesungen – voraussichtlich in den Fächern Bauingenieurwesen, Wasserbau und Simulation – aber schon mit Spannung entgegen. „Meine Studenten sollen die Grundlagen verstehen. Ich will ihnen das nötige Handwerkszeug mitgeben als Basis für künftige Forschungen und ihren Beruf“, betont die Kolumbianerin.

Was ihre persönliche Zukunft noch mit sich bringen wird, will Maldonado Lee auf sich zukommen lassen. Fest steht für sie, dass sie nach der Promotion Praxiserfahrungen in einem Unternehmen oder einer Behörde sammeln will. „Ob in Deutschland oder Kolumbien wird sich zeigen“, fügt die 26-Jährige an. In ihrer Freizeit weiß sie inzwischen übrigens kolumbianische wie bayerische Besonderheiten zu schätzen. Sie tanze Salsa, weil sie sie sich dadurch mit ihrer Kultur verbunden fühle. Genauso gerne gehe sie aber in den Alpen wandern. „In Kolumbien gibt es mit den Anden zwar Berge, aber keine leichten Wanderwege“, erzählt die 26-Jährige, fügt an: „Fast alle meine Kommilitonen aus München gehen regelmäßig in die Berge, das kannte ich aus Kolumbien nicht.“  
 

 

Wie ein Schachtkraftwerk funktioniert

Bei einem Schachtkraftwerk wird – vereinfacht gesagt - ins Flussbett vor dem Wehr ein Schacht gegraben. Der Fluss selbst braucht nicht begradigt, aufgestaut oder umgeleitet werden. Das Wasser strömt in den Schacht hinein und treibt eine Turbine an, die wiederum an einen Generator gekoppelt ist. Ein Maschinenhaus braucht`s nicht, denn der Generator läuft unter Wasser.  Dadurch arbeiten die Anlagen viel naturverträglicher als herkömmliche Wasserkraftwerke. Fische passieren das Wehr durch eine Klappe oberhalb des Kraftwerkschachts, ein Rechen verhindert, dass sie in den Schacht schwimmen. Effektiver Fischschutz wird unter anderem durch niedrige Strömungsgeschwindigkeiten gewährleistet, die dem Schwimmvermögen der  Tiere angepasst sind.