Wie können Mensch und Maschine zusammenarbeiten?
Online kam man zum „Studium Generale“ an der DHBW Mosbach zusammen, um Stand und Potentiale Künstlicher Intelligenz zu betrachten.
„Sie müssen kein Informatiker und kein Mathematiker sein.“ Prof. Dr. Carsten Müller spricht mit seinem Vortrag über „Künstliche Intelligenz und Logistik“ eine breite Zuhörerschaft an. Im Rahmen der Vortragsreihe „Studium Generale“ an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) Mosbach passt diese Einleitung perfekt, will man doch nicht allein Studierende ansprechen, sondern hat als Zielgruppe die „Öffentlichkeit“ im Blick. Die normalerweise an die Hochschule eingeladen wird, wo Referenten oder Referentinnen Themen aus unterschiedlichen Disziplinen so aufbereiten, dass jedermann sie versteht und das selbstgesteckte Ziel fachübergreifenden Denkens und Handelns erreicht werden kann.
Allerdings ist nicht das Audimax der Ort dieser Studium-Generale-Veranstaltung, sondern der heimische PC. Zwei Links auf der Homepage der DHBW führen in den virtuellen Hörsaal. Eigentlich sind es zwei Orte, denn Carsten Müller ist Dozent am Campus Bad Mergentheim und von dort zugeschaltet. Als gastgebender Kollege aus dem Bereich Mechatronik begrüßt Prof. Dr. Rainer Klein am Mosbacher Campus vor Beginn die die Teilnehmer. Den Kollegen Müller stellt er vor als Professor für Angewandte Informatik mit den Schwerpunkten Software Engineering und Künstliche Intelligenz. Im Kompetenzzentrum für „Schwarmbasierte Logistik“ am Campus Bad Mergentheim fokussiert Carsten Müller die Forschung im Kontext Künstliche Intelligenz mit den Schwerpunkten Schwarmintelligenz und Deep Learning.
Dann hat Carsten Müller das Wort und nutzt es, um einführend ausgewählte Digitalisierungswerkzeuge vorzustellen und zu beschreiben, was unter Künstlicher Intelligenz (KI) verstanden wird: „Als Teilgebiet der Informatik beschreibe sie die Forschung und Entwicklung von Mechanismen mit dem Ziel, menschenähnliche Intelligenz nachzubilden.“ Die Werkzeuge reichen von Analyseverfahren und Algorithmen über Cloud-Services und Drohnen bis zu Bild- und Umgebungssensorik. „Maschinelles Lernen“, so der KI-Experte, „entsteht, wenn ein System nicht nur Daten verarbeitet, sondern Muster erkennt und daraus Entscheidungen ableitet.“ Ein intelligentes Verhalten, das Maschinen ermöglicht, menschliche Arbeit zu ergänzen oder sogar zu ersetzen.
Sind es im menschlichen Körper Nervenzellen und ihre Verschaltungen, die als neuronal bezeichnet werden, so gilt Ähnliches für die künstlichen neuronalen Netzwerke im Themengebiet Deep Learning. Neuronale Netzwerke können Informationen von außen aufnehmen und modifiziert an andere Neuronen weiterleiten und die Klassifizierung als Endergebnis ausgeben. „Und sie können trainiert werden“, beschreibt Carsten Müller die flexible Lernleistung neuronaler Strukturen. Maschinelles Lernen gleicht insofern dem menschlichen Lernen, als dass durch (positive als auch negative) Bestärkung Anpassungen in den neuronalen Strukturen erreicht werden, die dem System ermöglichen, selbständig Strategien zu entwickeln. „Insbesondere die Leistungsfähigkeit des Bestärkenden Lernen (Reinforcement Learning) fasziniert“, führt er hinzu.
Dass menschliche Arbeitsleistung damit komplett ersetzt werden könne, das glaubt Professor Müller nicht. „Die These, dass Maschinen in wenigen Jahren an unsere Stelle treten könnten, teile ich nicht“, reagiert er auf die Meldung eines Teilnehmers des Online-Vortrags. Ihm stelle sich eher die Frage: „Wie können Mensch und Maschine zusammenarbeiten?“ Müller sieht in der KI den intelligenten Experten, der uns berät. „Sie ist aber noch weit von der Intelligenz des Menschen entfernt.“ Gleichwohl führt er mit dem Computerprogramm „AlphaGo“ ein Beispiel an, in dem die Maschine dem Vermögen des menschlichen Go-Spielers überlegen ist. Denn dank leistungsfähiger maschineller Verfahren und Deep Learning kann das Programm mittlerweile etwas, wovon man glaubte, dass es nur dem Menschen zu eigen sei: nicht nur Wissen aus Erfahrung generieren, sondern mit Intuition agieren.
Vom Spiel in die Arbeitswelt: „Bestärkendes Lernen wird im Bereich der Logistik immer mehr Einzug erhalten“, geht Müller im Schlussteil seines Vortrags auf die Anwendung von Künstlicher Intelligenz ein, wie sie auch am Campus Bad Mergentheim erforscht und entwickelt wird. Denn in der Logistik könne KI besonders stark zur Optimierung beitragen. „In Bad Mergentheim entsteht ein leistungsfähiges ‚Kompetenzzentrum für schwarmbasierte Logistik‘.“ Bei der Sortierung und Organisation von Paketen, Paletten und andere Ladungsträger nimmt Künstliche Intelligenz deren Eigenschaften auf und klassifiziert Daten, wie beispielsweise die Bilder im Rahmen einer Qualitätssicherung. Mit der Mustererkennung werden logistische Abläufe um ein Vielfaches einfacher und automatisierter. „Künstliche Intelligenz wird unsere Logistikabläufe revolutionieren“, ist Müller überzeugt. Eine alltagstaugliche und sehr praxisnahe Vision des Hochschul-Professors und seiner Studierenden ist ein Lieferroboter, der autonom durch Bad Mergentheim fährt, Verkehrsregeln und Hürden (er)kennt. „Ich bin zuversichtlich, dass wir durch die strategische und kooperative Zusammenarbeit mit dem Studiengangs Mechatronik schaffen.“