„Wissbegierig, aufgeschlossen und selbständig“

„Sommer im Schloss“ seit sechs Jahren am DHBW-Campus Bad Mergentheim

Tauberfranken (er-)leben, die kulturelle Vielfalt im Unternehmen erweitern und ganz nebenbei noch junge Fachkräfte für die Region gewinnen. Schüler, Unternehmen und Hochschule – alle Beteiligten am Bewerberseminar „Sommer im Schloss“ am Campus Bad Mergentheim der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) Mosbach ziehen nach sechs Jahren eine positive Bilanz.

Seit dem Start des Programms im Jahr 2014 haben mehr als 100 Schülerinnen und Schüler aus zehn europäischen Ländern am vierwöchigen Bewerberseminar teilgenommen. Die vier Wochen im August haben es in sich: Neben einem intensiven Deutschkurs bekommen die Interessierten Einblicke in das Studium an der DHBW. Bewerbungstraining, Unternehmensbesuche oder Studienplatz-Speeddating gehören ebenso zum Programm wie Freizeitangebote.
Einige der Unternehmen in Tauberfranken sind schon seit Jahren Parner beim „Sommer im Schloss“. Auf die Frage nach Unterschieden zu Bewerberinnen und Bewerbern mit deutschem Abitur antwortet Simone Germann, zuständig für die Aus- und Weiterbildung bei ebm-papst in Mulfingen mit einem „Eindeutig ja! Die internationalen Studenten sind selbständiger und bringen bereits interkulturelle Erfahrungen mit. Sie sind offen auch für Neues, noch Unbekanntes.“ Ihrer Erfahrung nach integrieren sich die internationalen Studierenden aus dem Bewerberseminar sehr schnell ins Unternehmen und werden auch zu „aktiven Mitgliedern der Unternehmensfamilie“.

„Ohne den Sommer im Schloss wäre ich heute gar nicht hier! Jetzt habe ich meinen Bachelorabschluss fast in der Tasche und einen festen Arbeitsplatz in Deutschland“, erzählt Nevana Dankova aus Bulgarien. Die 22-Jährige nahm bereits 2015 am „Sommer im Schloss“ teil, arbeitet bei ebm-papst und und schließt Ende September ihr Studium mit Bestnoten als Wirtschaftsingenieurin ab. „Die Arbeitsatmosphäre fördert mich persönlich und nach der Praxiserfahrung, die ich im dualen Studium bekommen habe, kann sich jeder nur sehnen“, beschreibt Dankova die Karriereoptionen.

Win-Win Situation für alle Beteiligten

Auch Kerstin Langohr, Personalleiterin bei TecAlliance in Weikersheim, sieht einen deutlichen Mehrwert auf beiden Seiten. „Für kleinere Unternehmen wie uns ist es nicht einfach, überhaupt Kontakte zu jungen Menschen in verschiedenen Ländern zu knüpfen. Daher freuen wir uns, wenn internationale Schüler diese Chance nutzen.“ TecAlliance konnte bereits acht Studierende aus fünf europäischen Ländern gewinnen, berichtet Projektkoodinator Stefan A. Riedl – und verrät: „Noch vor Ende der vier Wochen hatten drei der aktuellen Teilnehmerinnen und Teilnehmer ein duales Studienplatzangebot von TecAllicance.“ Langohr nickt und ergänzt nicht ohne Stolz: „Damit wird unser Team vielfältiger, auch die Kulturen anderer Länder fließen automatisch mit ein und werden gelebt.“

Diese Sichtweise bestätigt auch Steffen Weis, kaufmännischer Geschäftsleiter der VS Vereinigte Spezialmöbelfabriken in Tauberbischofsheim: „Als international agierendes Unternehmen sind wir sehr daran interessiert, Mitarbeitende aus Ländern zu gewinnen, mit denen wir in Geschäftsbeziehungen stehen. Die dualen Studierenden aus dem Programm sprechen die Muttersprache unserer Partner, kennen ihre kulturellen Besonderheiten und erweitern so direkt unsere VS-Perspektive. Das hat sich als enorm wertvoll für uns erwiesen.“

Doris Franke, Personalreferentin bei VS, erinnert sich gerne an eine Episode, die zeigt, dass Kulturunterschiede auch zu kuriosen Situationen führen können: „Wir hatten uns für eine Messe verabredet. Treffpunkt war Samstag früh, 8 Uhr, bei VS. Weil wir Deutschen für unsere Pünktlichkeit bekannt sind, wollten zwei Studierende auf keinen Fall zu spät kommen und waren deshalb schon um 6.45 Uhr in Tauberbischofsheim – der nächste Zug wäre nämlich erst um 8:07 Uhr angekommen.“

„Beste Entscheidung in meinem Leben“

Auch die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des „Sommer im Schloss“ betonen den positiven Einfluss auf ihre berufliche wie auch persönliche Entwicklung. „Für mich war es beeindruckend, im letzten Jahr das duale Studium kennenzulernen. Die vielen Informationen, die ich von Deutschland und von der deutschen Kultur bekommen habe, haben mir komplett neue Perspektiven gegeben“, berichtet Barnabas Emberovics aus Ungarn, der ab Oktober sein Studium der Angewandten Informatik bei ebm-papst in Mulfingen beginnt. „Für mich war der ‚Sommer im Schloss‘ eine der besten Entscheidungen in meinem Leben.“ Er weiß, wie auch die übrigen Studieninteressierten, um die Möglichkeiten des dualen Studiums, denn „in unseren Heimatländern gibt es kein Studium, das Theorie und Praxis so miteinander verbindet. Das Bewerberseminar ist hierfür mein Türöffner gewesen.“

Alexandrina Yaneva kommt aus Bulgarien und studiert Wirtschaftsinformatik bei TecAlliance. Sie bezeichnet das duale Studium in Deutschland als „großes Abenteuer“ voller „Herausforderungen, wie Sprache und Heimweh.“ Dennoch ist sie sicher: „Ich habe noch ein Jahr, bis das Studium zu Ende ist, und ich werde auf jeden Fall bei TecAlliance zu bleiben.“ Künftigen Bewerberinnen und Bewerbern empfiehlt sie, während des Seminars viel Deutsch zu sprechen, um die Sprache zu üben und den Wortschatz zu erweitern.

Eine „Familie in Deutschland“ gefunden

Großen Wert legt Stefan Riedl beim „Sommer im Schloss“ auf das Zwischenmenschliche. Die Schülerinnen und Schüler sollen sich willkommen und gut aufgehoben fühlen. Für die Nähe zum Campus und einen Vorgeschmack auf das Leben in Bad Mergentheim stellen das Studierendenwerk Heidelberg und Studierende Wohnheimplätze und Privatzimmer zur Verfügung. Riedl und Robert Zebec, selbst ehemaliger Teilnehmer aus Kroatien beim „Sommer im Schloss“ und dualer Student, sind dabei auch Ansprechpartner für ganz alltägliche Probleme. „Das reicht von deutscher Mülltrennung bis zur Pünktlichkeit“, so Zebec.
Im Bewerberseminar entstehen grenzüberschreitende Freundschaften. „Ohne den ‚Sommer im Schloss‘ wäre ich nicht die Person, die ich heute bin“, ist sich Nevana Dankova sicher, und fügt hinzu: „Ich hätte nie die wichtigen Menschen in meinem Leben kennengelernt, die ich heute meine besten Freunde und meine „Familie in Deutschland“ nennen darf.“