„Zu den digitalen Entwicklungen gibt es keine Alternative“

5. Praxisforum Personal an der DHBW Mosbach


Kleines Jubiläum: Das DHBW-Forum Personalpraxis befasste sich in seiner fünften Auflage mit den Herausforderungen und Auswirkungen, die die digitale Entwicklung in der Arbeitswelt bedeutet. Im Fokus standen die Folgen des technologischen Wandels für die Personalentwicklung.

Das Forum Personalpraxis ist Prof. Dr. Dietmar Polzins Kind. Seit 2010 behandelt dieses Format an der Dualen Hochschule Mosbach das breite Themenfeld des Personalmanagements, und auch dieses Mal konnte sich der Studiengangsleiter BWL-Handel über mehr als 70 Zuhörerinnen und Zuhörer – Personalverantwortliche und Ausbildungsleiter der Dualen Partner – ebenso freuen wie über hochkarätige Referenten. Die vierstündige Veranstaltung ist eine Mischung aus Vorträgen und Workshops, die sich seit 2010 je einem Schwerpunktthema widmen. 2018 galt alle Aufmerksamkeit den Einflüssen, die die Digitalisierung auf die Personalarbeit hat und wie man den allgegenwärtigen, massiven und rasanten Veränderungen begegnet.

Nachdem Prof. Dr. Karl Albert Strecker, Prorektor und Dekan der Fakultät Wirtschaft, einen Überblick über die duale Hochschule sowie aktuelle Entwicklungen skizziert hatte und Harald Töltl, Geschäftsführer der IHK Rhein-Neckar als erstmaliger Kooperationspartner des Forums die Notwendigkeit der Nähe der akademischen und des beruflichen Wege zu einer Dualität betont hatte, bekam mit Prof. Dr. Rupert Felder ein ausgewiesener Fachmann das Wort. Denn der Jurist ist Senior Vice President HR Global der Heidelberger Druckmaschinen. HR sollte eine an diesem Tag noch oft gehörte Abkürzung sein, sie steht für Human Resource, zu Deutsch: Personalwesen.

Eben dieses Personalwesen unterliegt durch die Digitalisierung großen Veränderungen – wie andere Unternehmensbereiche auch. „Heidelberg goes digital“ hat der weltweit agierende Druckmaschinenhersteller seinen strategischen Fokus auf Technologieführerschaft, digitale Transformation und operative Exzellenz gelegt. Felder eröffnete mit der Schlagzeile seinen 50-minütigen Vortrag und ließ offen, ob das als Wunsch, Befehl oder Unternehmensziel verstanden werde. „In unserem ganzen Unternehmensprozess ist die Digitalisierung zentraler Punkt, auch wenn weiter mit Farben auf Papier gedruckt wird.“ In den Druckprozessen halte die Digitalisierung mehr und mehr Einzug, das fange mit der Online-Bestellung an und ende nicht mit dem Service, den die Maschine sich selbst bestelle.

„Was heißt das für einen Personaler?“ fragte der oberste Personaler von Heidelberg  in die Reihen von Zuhörern herein, um als Antwort plakativ folgen zu lassen: „Zu den digitalen Entwicklungen gibt es keine Alternative. Wir sind keine Gerber mehr!“ Daten seien die neue Währung, die Trends der Veränderung auslöse: Wer personenbezogene Daten intelligent erfasst, bewertet und verknüpft, eröffnet sich Chancen. „Mich interessiert nicht der Krankenstand von gestern, sondern von Montag.“ Mit datenbasiertem Vorausschauen solle man auch dort agieren, wo es gilt, neue Köpfe zu rekrutieren. Schon heute muss man wissen, wer wann das Rentenalter erreicht und darauf reagieren. Mit Wanderungsbilanzen und Wettbewerbsanalysen gehen Talente auch da nicht ganz verloren, wo Mitarbeiter das Unternehmen verlassen.

Digitalisierung bringt regelrechte (Unternehmens)kulturveränderungen mit sich. Der entscheidende Punkt sei, so Dr. Felder, sich nicht irritieren zu lassen, eine Strategie zu haben, nach dem Mehrwert zu fragen und Prioritäten zu setzen. Die mitunter bang gestellte Frage, ob der digitale Faktor den menschlichen überflüssig mache, beantwortete Felder für sein Unternemen eindeutig: „Das Personalwesen im Digitalisierungszeitalter muss den Mitarbeiter-Mehrwert in den Mittelpunkt stellen.“ Ohne die menschliche Dimension geht keine digitale Entwicklung. Eigentlich nichts Neues also…

 

Was an der Digitalisierung dran ist und was nicht

Mit Jun.Prof. Dr. Susanne Steffes hatte die Duale Hochschule eine weitere hervorragende Referentin nach Mosbach holen können. Steffes ist Senior Researcher am Zentrum für europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), wo sie im Bereich „Arbeitsmärkte, Personalmanagement und Soziale Sicherung“ forscht; zudem ist sie Juniorprofessorin an der Universität zu Köln.

In ihr Thema in Mosbach – Nachhaltiges Personalmanagement in Zeiten veränderter Arbeitsmärkte – stieg sie ein mit der Feststellung, dass eine Definition, was denn diese „neuen Technologien und eine Industrie 4.0“ seien, nicht einfach zu treffen wäre. Obwohl die Begriffe in aller Munde seien, setzten erst vier Prozent der Unternehmen in Deutschland Industrie 4.0-Projekte um oder planten dies in naher Zukunft ein.

Dass der technologische Wandel Arbeitsplätze koste, entlarvte die Volkswirtin als eher bedrohliche Annahme in den öffentlichen Debatten und Medien. Aber ZEW-Untersuchungen hätten ergeben, dass keineswegs gesichert ist, dass ein zunächst arbeitssparender technologischer Wandel insgesamt zu Beschäftigungsverlusten führt. Statt der zerstörerischen solle die schöpferische Kraft neuer Technologien auf dem Arbeitsmarkt mehr in den Blick genommen werden, so die Empfehlung der ZEW. „Für Geringqualifizierte allerdings stellt Automatisierung eine größere Bedrohung dar und ist somit ein sozialpolitisches Thema“, ergänzte Dr. Steffes.

Für das Personalmanagement stellt der technologische Wandel eine Herausforderung dar. Einerseits werden Tätigkeiten ersetzt, andererseits unterstützt. In beiden Fällen sind die Personaler gefragt, um Qualifizierung, Motivation und Gesundheit der Mitarbeiter zu fördern. Mit neuen Technologien geht eine Flexibilisierung der Arbeit einher, an die auch die Human-Resource-Strategien angepasst werden müssen. Die räumliche und zeitliche Entgrenzung ist eine weitere Folge der vernetzten und veränderten Arbeitswelt, die alle fordert: die Mitarbeiter, das Personalmanagement und die Unternehmensführung. „Alle Akteure sind gefragt, um zu einem effizienten Umgang mit der Digitalisierung zu kommen“ schloss Dr. Steffes.

Praktisch und wissenschaftlich derart vorbereitet, konnten die Teilnehmer zwischen zwei vertiefenden Workshops wählen: IHK-Geschäftsführer Harald Töltl ging auf „Digitalisierung in der Personalarbeit“, und Prof. Dr. Polzin fragte unter dem Stichwort „Recruiting 4.0“, was die Generation Y wolle.

Kontakt

Informationen und Handouts zur Tagung können Sie beim Organisator und Studiengangsleiter anfragen: