Über die Gemeinsamkeiten von Lego-Steinen und Autos
Vortrag über Kreislaufwirtschaft im Studiengang Sustainable Management
Nachhaltigkeit in der Industrie bedeutet weit mehr, als nur auf umweltfreundliche Materialien zu setzen oder den Abfall zu reduzieren. Sie erfordert ein ganzheitliches Denken, bei dem der gesamte Lebenszyklus eines Produkts betrachtet wird – von der Herstellung über die Nutzung bis hin zur Wiederverwertung. Gleichzeitig eröffnet dieser Ansatz die Chance, innovative Geschäftsmodelle zu entwickeln. Diese Vision bildet auch den Kern des neuen Studiengangs Sustainable Management an der DHBW Mosbach.
Die Studierenden des dritten Semesters hatten kürzlich die Gelegenheit, sich mit Klaus Kirr und dem neuen Professor des Studiengangs Sustainable Management, Prof. Dr. Markus Zimmer, auszutauschen. Kirr, Senior Partner bei Porsche Consulting, unterstützt Unternehmen bei der Umsetzung nachhaltiger Geschäftsmodelle. In seinem Vortrag stellte er verschiedene Strategien vor, die es Firmen ermöglichen, Ressourcen effizienter zu nutzen und dabei weiterhin wirtschaftlich erfolgreich zu sein. Er betonte jedoch auch, dass das richtige Mindset der Konsumenten entscheidend ist, um diese Strategien nachhaltig zu etablieren.
Ein anschauliches Beispiel für die Strategie des Refurbishings – also der Wiederaufbereitung von Produkten, um sie erneut nutzbar zu machen – lieferte Kirr mit dem Spielzeughersteller Lego. Häufig entscheiden sich Verwandte dafür, Kindern neue Steine zu kaufen. Lego könnte jedoch gebrauchte Steine sammeln, professionell reinigen und dann erneut in den Handel bringen. Dies würde nicht nur Ressourcen schonen, sondern auch die Umwelt entlasten, da die wiederaufbereiteten Steine nahezu die gleiche Qualität aufweisen würden wie neue. Da Lego jedoch oft als Geschenk gekauft wird und man nur das Beste für die Kinder möchte, zögern viele Konsumenten, auf gebrauchte Steine zurückzugreifen. Damit solche zirkulären Ansätze erfolgreich sind, müsse jedoch ein Umdenken bei den Verbrauchern stattfinden – ein Wandel, den Unternehmen durch gezielte Kommunikationsmaßnahmen fördern können.
Gastreferent Kirr ergänzte: „Die größte Herausforderung besteht darin, dass wir nicht nur die Produkte, sondern auch die Denkweise und das Verhalten transformieren müssen. Unternehmen sind dabei gefordert, neue Geschäftsmodelle zu etablieren, die nicht nur wirtschaftlich attraktiv, sondern auch sozial und ökologisch sind.“ Als Beispiel dafür diskutierten Kirr und Zimmer die Bestrebungen der Automobilindustrie, den Anteil recycelter Kunststoffe in Neuwagen zu erhöhen. Ein zentrales Problem stellt dabei die begrenzte Verfügbarkeit geeigneter Altmaterialien dar. Gemeinsam mit den Studierenden wurden verschiedene Ansätze erörtert, um Wertstoffkreisläufe zu schließen und alternative Geschäftsmodelle wie "Product as a Service" weiterzuentwickeln. In diesem Modell erwirbt der Konsument das Fahrzeug nicht, sondern zahlt dem Hersteller eine Nutzungsgebühr. Dies geht über das klassische Leasing hinaus, da es zusätzliche Serviceleistungen sowie die Rücknahme und Weiterverwertung des Fahrzeugs am Ende der Nutzungsdauer beinhaltet. So können das gesamte Fahrzeug, einzelne Komponenten oder die darin enthaltenen Materialien wiederaufbereitet und erneut verwendet werden, wodurch der Materialkreislauf geschlossen wird. Ähnlich wie bei Lego erfordert dieser Ansatz ein Umdenken der Konsumenten. Solange der Besitz eines Autos als Statussymbol gilt, wird es schwierig sein, Konsumenten für die Nutzung von Mobilitätsservices zu gewinnen.
„Die Diskussion hat mir gezeigt, dass Nachhaltigkeit in der Wirtschaft viel komplexer ist, als ich dachte. Es geht nicht nur um grüne Technologien, sondern vor allem um neue Denkweisen und das Schaffen eines Bewusstseins für langfristige Wertschöpfung“, resümierte einer der Studenten. Der Vortrag war in das Seminar zur Circular Economy eingebettet, das den Studierenden das nötige theoretische und praktische Wissen vermittelt, um für ihre Partnerunternehmen zukünftig ähnliche Analysen und Lösungsansätze zu entwickeln. Prof. Dr. Markus Zimmer: „Ein erfolgreicher Wandel hin zur Kreislaufwirtschaft erfordert nicht nur technologische Innovationen, sondern auch eine Veränderung der gesellschaftlichen Werte. Nur wenn wir es schaffen, Nachhaltigkeit tief in unserem alltäglichen Konsum zu verankern, wird der notwendige Paradigmenwechsel möglich.“