Im Zeichen der KI
Expertenforum WatchIT beleuchtet die IT für die Bank- und Finanzbranche
Die Zukunft (auch) der Banken ist digital. Das weiß man an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg in Mosbach längst und trägt dem Rechnung mit einem interdisziplinären Kooperationsprojekt der Studiengänge Angewandte Informatik und BWL-Bank. Titel: WatchIT. Ziel des Vorhabens ist es, eine Plattform zu schaffen, um beispielsweise interdisziplinäre Forschungsprojekte durchzuführen oder auch hochkarätig besetzte Konferenzen zu wichtigen Themenfeldern zu veranstalten. Eine solche fand nun im Audimax statt. Es war das 5. Expertenforum WatchIT.
Prof. Dr. Jens Saffenreuther, Studiengangsleiter BWL-Bank, ist der festen Überzeugung, dass die Fachrichtung im Curriculum eine digitale Handschrift brauche. Er konnte sich über ein mit Studierenden voll besetztes Audimax freuen, ebenso über eine kompetent und prominent bestückte Referentenliste. Prof. Wolf Wössner, der das Forum 2019 ins Leben gerufen und auch die Experten „besorgt“ hatte, hat die DHBW zwar Richtung Ruhestand verlassen, seine Kontakte und Kenntnisse für die WatchIT-Konferenz 2023 gleichwohl eingebracht und sie auch gleich moderiert. Nachfolger, Prof. Dr. Peter Scholz, ist der Neuzugang im Studiengang BWL-Bank; auch er gehörte zu den Zuhörern.
Im Profil Digital Banking des Studiengangs BWL-Bank ist bereits der Name Programm: Traditionelle Bank- und Finanzinhalte haben das gleiche Gewicht wie die digitalen Grundlagen- und Anwendungsbereiche im Bankgeschäft. Digitalisierung und Künstliche Intelligenz (KI) bilden die Basis, um gerade in der Bank- und Finanzbranche schnellere, stabilere und weniger fehlerbehaftete Prozesse zu steuern. Dass die neuen Technologien auch Schattenseiten haben und Fragen nach Datenschutz und -sicherheit aufwerfen sowie gesellschaftliche und ethische Aspekte berühren, wird im Studium thematisiert und blieb auch beim WatchIT-Forum nicht außen vor.
„Künstliche Intelligenz: Hype, Schreckensvision, Heilsversprechen?“ benannte Prof. Wössner das Thema des ersten Referenten, Carsten Krah, der beim Datenanalysten SAS den Posten eines Principal Risk Solution Managers bekleidet. „Er“, übersetzte Wössner, „bringt Daten intelligent zum Sprechen.“ Künstliche Intelligenz spielt bei SAS eine herausragende Rolle, doch Krah zog es vor, ihren Nutzen sowie ihre Kehrseiten anhand des Einsatzes bei Autos, in der Medizin und als generative KI darzustellen, also die Erzeugung von Neuem wie zum Beispeil ChatGPT.
Was es bedeuten kann, von Mensch oder Maschine nach einem datenbasierten Modell oder Muster beurteilt zu werden, hat Krah am eigenen Leib erfahren. Seine Gebäudeversicherung kündigte ihm nach zweimaliger Inanspruchnahme derselben. „Der Tarif hat danach nicht mehr zur Risikoklasse gepasst.“ Wie in der Versicherungsbranche bedient man sich auch bei der Kreditvergabe datenbasierter und datenanalysierender Modelle, die sogar – das kann die Kehrseite sein – diskriminierenden Charakter haben können. Krah wusste von einer Bank, bei der „Chantal“ und „Jasmin“ keine Kredite kriegen. „Ist aber verboten und vorbei.“
„Am Ende des Tages“, kam Krah zum Schluss seines Vortrags, „geht es um den sicheren und sinnvollen Einsatz von Künstlicher Intelligenz, ein gesellschaftliches Thema, bei dem wir die Normen bestimmen.“ Keine Daten oder (Rating)modelle mehr zu nutzen, ist für Krah nicht die Schlussfolgerung, sondern es gehe um eine kritische und transparente Auseinandersetzung. „Der, der die Entscheidung trifft, muss wissen, auf welcher Grundlage.“ Gemeint ist der Mensch, nicht die Maschine. Prof. Saffenreuther: „Das ist auch eine moralische Frage.“
Dem Menschen Carsten Krah folgten am Rednerpult Menschen: Dr. Udo Milkau sprang für die erkrankte Bettina Rose ein. Der Chief Digital Officer Transaction Banking in der DZ-Bank war nicht zum ersten Mal Gast beim WatchIT-Forum. Dr. Alexander Bechtel verantwortet die digitale Produktstrategie der DWS, der Vermögensverwaltungssparte der Deutschen Bank. Er sprach über die Entwicklung der Tokenisierung, die Vermögenswerte digital abbildet (Stichwort Kryptowährungen) und so rund um die Uhr und weltweit zur Verfügung stellt. Tom Dapp, ist Researcher, Speaker und Autor rund um den Themenkomplex „Digitaler Strukturwandel“. Als Verantwortlicher des Think Tank im Chief Digital Office der KfW Bankengruppe beschäftigt ihn die Herausforderung, Innovationen im Bankalltag erfolgreich umzusetzen. Frank Schwab berät die Finanzindustrie strategisch und hat das Frankfurter FinTech Forum mitgegründet. In Mosbach ging er auf die digitale Transformation eines Finanzdienstleiters ein.
Mit dem Schlussredner hatten die Veranstalter ein Eigengewächs nach Mosbach geladen: Benjamin Keller hat die DHBW Mosbach, damals Berufsakademie, 2007 als Diplom-Betriebswirt im Studiengang “Bank” unter Leitung von Wolf Wössner verlassen.Was man aus so einem Abschluss außerhalb des Banken- und Finanzsektors machen kann, fand Wolf Wössner “spannend“. Nach Stationen bei L’ Oréal und Google arbeitet Keller beim Social-Media-Konzern Meta, wo er als Client Partner Automotive & Mobility/Banking & Finance große Kunden aus beiden Industrien federführend betreut, um mit ihnen einerseits Werbestrategien festzulegen. Auch an der Realisierung des „Metaverse“ wirkt er mit und setzt Projekte in den assoziierten Technologien wie Virtual-, Mixed- und Augmented Reality um.
„Mosbach, das fühlt sich positiv kurios an“, kommentierte Keller seine erstmalige Rückkehr an die alte Studienstätte nach über 16 Jahren. Er war „total beeindruckt“ davon, wie sich die DHBW weiterentwickelt habe. Er zeigte ein Bild seines Avatars im Metaverse, der seine digitale Identität in der virtuellen Welten darstellt, und fragte, wer von den Studierenden denn seinen Avatar schon kreiert habe. Für Keller gehören Avatare zu den „kernkonstituierenden Elementen des Metaverse“ dazu, und er ermunterte seine Zuhörerinnen und Zuhörer, „ihre eigenen Avatare auf Facebook, Instagram oder in WhatsApp zu erzeugen. „Für euch ist es spannend, am Anfang einer solchen technologischen Welle unterwegs zu sein“, ermutigte Keller dazu, diese aktiv mitzuerleben und mitzugestalten.
Wie man in digitale Umgebungen eintauchen kann, zeigte Keller im Verlauf seines Vortrags: so könne man beispielsweise das eigene Wohnzimmer um virtuelle Einrichtungsgegenstände anreichern und virtuell umgestalten. Als Berater einer Bank oder einer Versicherung kann der Avatar ein Gespräch mit einer Kundin in einer virtuellen Welt oder Filiale führen. Schon heute setzen Banken- und Versicherungen auf diese Technologien, sowohl “inhouse” im Bereich Training, aber auch im Kundenkontakt.
Autobauer bspw. nutzen virtuelle Räume, um Designer von unterschiedlichen geografischen Punkten auf der Erde im digitalen Raum in „3D” zusammenzubringen und erste Entwürfe der zukünftigen Modelle in “real-time” gemeinsam zu designen. Auch das Thema künstliche Intelligenz wurde angesprochen: Die Planung des nächsten Familienurlaubs? Keller empfiehlt in die WhatsApp-Familiengruppe Meta-KI hinzuzuholen und sich Vorschläge von möglichen Reisezielen machen zu lassen oder zu checken, ob das Wetter auf Bali zum Zeitpunkt der Reise passe. Der Meta-Konzern hatte dies auf seiner Entwicklerkonferenz „Connect” vor wenigen Tagen vorgestellt.
Benjamin Kellers Rat an die Studierenden am Schluss: „Künstliche Intelligenz und Metaverse: das kommt massiv auf uns zu. Setzt euch damit auseinander und seid mit offenen Augen und mit Neugier bei diesen spannenden Entwicklungen dabei”. Jens Saffenreuther dankte am Ende des Konferenztages allen Referenten für gute Vorträge, die Spaß gemacht hätten. „Sie können inhaltlich viel mitnehmen, das sich jenseits des Tellerrandes befindet.“
Kontakt
- Studiengangsleitung BWL - Bank