Interkultureller Workshop Leben und Bauhandwerk in Deutschland und Kolumbien

Besuch von 12 Studierenden aus Armenia über DAAD-Stipendium

Am 14.10.2015 fand im Rahmen des Handwerkerprojektes im 1. Semester ein interkultureller Workshop statt von den deutschen Studierenden mit 12 Studierenden der Partnerhochschule Alexander von Humboldt Armenia (Kolumbien).

Die Studierenden der Partnerhochschule des Verbundes Duale Hochschule Lateinamerika sind im Rahmen des DAAD-Stipendiums für 14 Tage in Deutschland unterwegs und waren für einen Tag an der DHBW Mosbach.

Im Rahmen des eintägigen Workshops haben die die Kolumbianer wie die deutschen Studierenden jeweils Präsentationen vorbereitet zu:

Vorstellung der eigenen Hochschule

  • dem eigenen Land mit Zahlen - Daten - Fakten, ökonomisch wie geographisch
  • dem Thema Ausbildung insbesondere auch für das Handwerk
  • der Lebens- und Haushaltssituation (Familie und Wohnen)
  • den Strukturen im Handwerk und
  • die Nachfragesituation / den Anforderungen an Handwerksunternehmen

Nach den jeweils abwechselnden Präsentationen wurden dann am Nachmittag in 5 Arbeitsgruppen die Präsentationen nochmals vergleichend gegenübergestellt und die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Länder aufbereitet.

Dabei zeigte sich, dass natürlich klare ökonomische Unterschiede vorliegen zwischen Kolumbien und Deutschland, dass das Thema Ausbildung für das Handwerk in Deutschland über ein systematisches duales Modell sehr stark von den Unternehmen und dem Handwerk mitgetragen wird und zusammen mit klaren Anforderungen an Meisterbetriebe positiv geregelt ist, was eine klare Voraussetzung für Qualität ist. In Kolumbien gibt es zwar eine positive schulische Ausbildung, wenn diese wirklich besucht wird, was häufig nicht der Fall ist. Dann aber ist das Ziel die akademische Ausbildung, während die praktische Ausbildung im staatlichen SENA auch eher theoretisch orientiert mit kürzeren Praktikumsphasen stattfindet. Die Prüfungen sind rein theoretisch orientiert und es sind keine praktischen Prüfungen wie z.B. im Meisterbereich vorgesehen. Eine Garantie für die Leistungen wird nicht erwartet und geboten, wodurch die Mund-zu-Mund-Propaganda die wesentliche Basis zur Entscheidung für den Handwerker in Lateinamerika darstellt.

Interessant war die Tatsache, dass für ein Haus bei uns heute durchschnittlich cirka 400 000 - 450000 EURO ausgegeben werden, in Armenia aber nur 70 000.-- EURO, so dass der Hausbau absolut, aber auch relativ gesehen zum Einkommen sogar bei uns teurer ist als in Armenia.

Dies resultiert aus unseren Bauvorschriften, insbesondere den Anforderungen an die Wärmedämmung, die Emissionen, .... . Aber auch aus den Handwerkerkosten, welche sich in Armenia auf derzeit 23 Euro/Tag belaufen während bei uns cirka 55 EURO pro Stunde, also 440 EURO plus meist noch zusätzlich Fahrtkosten anfallen.

Damit sind die Handwerkerkosten pro Tag relativ zum Durchschnittsnettoeinkommen in Deutschland bei cirka 30% des Monatseinkommens, während es in Armenia nur cirka 5% sind. Damit lässt bereits die Mittelschicht in Kolumbien deutlich mehr vom Handwerker erledigen, während dies in Deutschland vielen Personen zu teuer ist und mehr auf Do-it-yourself und Nachbarschaftshilfe gesetzt wird. Für die obere Mittelschicht und Oberschicht ist eine Vollzeitkraft im Haushalt in Kolumbien üblich, während dies in Deutschland nur für die absolute Oberschicht finanzierbar ist. 

Gleichzeitig zeigt der Vergleich aber auch, dass selbständige Handwerker in Deutschland deutlich besser gestellt sind als in Lateinamerika und häufig ein sehr positives Einkommen erzielen können, während dies in Lateinamerika nicht der Fall ist. Die Wertschätzung für einen guten Fachhandwerker ist hierzulande inzwischen positiv gegeben und dies bessert sich immer mehr, während dies in Lateinamerika nicht der Fall ist. Dies liegt aber auch an der deutlich besseren Ausbildung der Handwerker und der Bedeutung von Qualität zur Einhaltung der deutschen Bauvorschriften und zur Vermeidung von Problemen (wie Schimmel) bei unseren deutlich komplexeren und aufwendigeren Häusern.

Für beide Seiten, die Kolumbianer wie die deutschen Studierenden war der Tag jedenfalls sehr spannend und lehrreich, aber auch kurzweilig gewesen.

Autor: Prof. Dr. Alexander Neumann