Projekt »Virtual Wood University« angelaufen
Der „War for Talents“ ist mittlerweile auch in der europäischen Hochschullandschaft für Holzwirtschaft beziehungsweise Holztechnologie angekommen. Das war die Erkenntnis des finnischen Sägekongresses 2019 in Helsinki, bei dem Vertreter von acht europäischen Partneruniversitäten auf Einladung von Ilkka Tarvainen gemeinsam über die Zukunft der Hochschulausbildung im Holzbereich diskutierten.
Dabei durften die Gäste die Erfolge der Digitalisierung an der LAB University of Applied Sciences, der einzigen verbliebenen Holztechnologie-Hochschule in Finnland, bestaunen. Neben den 30 Präsenzstudierenden konnten über Distance Learning-Programme weitere 50 Studierende gewonnen werden, die teilweise bis zu 1000 Kilometer entfernt von ihrer Hochschule (berufsbegleitend) ihr Studium absolvieren.
Dass die Holzindustrie bereits seit langem global agiert, die Hochschulen jedoch weiterhin national ausbilden, zeigte dringenden Handlungsbedarf auf. Der erste coronabedingte Lockdown im März bewies zwar, dass Hochschulen im Bedarfsfall relativ schnell auf Onlinebetrieb umschalten konnten, eine konsequente digitale und didaktisch versierte Lehre im Hochschulbereich bietet jedoch weitaus größere Möglichkeiten, als lediglich Vorlesungen vom Hörsaal in den virtuellen Raum zu übertragen. Diese Möglichkeiten sollen in den kommenden drei Jahren an der FH Salzburg in Kuchl unter der Leitung von Günter Berger mit der LAB University in Lahti/FI, der Dualen Hochschule Baden-Württemberg Mosbach/DE und der estnischen Technischen Universität Tallinn im Rahmen eines mit 217.000 Euro dotierten Erasmus+-Projektes umgesetzt werden.
Den Zuschlag erhielt das Projekt vor allem deshalb, weil die vier Partnerhochschulen miteinander virtuelle Lehrveranstaltungen entwickeln, die immer von mindestens zwei Dozenten aus den jeweiligen Partnerländern gemeinsam entwickelt und durchgeführt werden. Dabei sollen die verschiedenen Perspektiven in Märkte, Technologien und Anwendungen von Holz in den Partnerländern integriert werden. „Für die Studierenden kann neben der digitalen Studierbarkeit zudem ein inhaltlicher Mehrwert geboten werden, den es in dieser Form in Europa derzeit noch nicht gibt“, sagt Berger. Als Ziel des dreijährigen EU-Projektes soll ein virtuelles Erasmus-Semester entstehen, in dem ebenso Studierende, für die aus privaten, finanziellen, örtlichen oder beruflichen Gründen ein Auslandssemester nicht möglich wäre, internationale Erfahrungen sammeln können.
Seit dem Projektstart im September entwickelt man gemeinsame Unterrichtsmodule, die ab dem Sommersemester angeboten werden. So ist Berger mit Hubert Speth, Studiengangsleiter aus Mosbach, dabei, das Modul „Entrepreneurship in der Holzbranche“ ins Leben zu rufen. Mit Jaan Kers aus Tallinn soll eine Gegenüberstellung von BSP und LVL entstehen, zwei sich ähnelnde Marktinnovationen mit verschiedenen tradierten Hintergründen in Mitteleuropa und Skandinavien. Das in den kommenden drei Jahren zu entwickelnde Projekt soll schließlich die Grundlage und Voraussetzung dafür bilden, um im Anschluss mit weiteren interessierten Partnern aus anderen europäischen Ländern die Vision eines vollständigen paneuropäischen, virtuellen Studiengangs der Holztechnologie und Holzwirtschaft umzusetzen.